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Zu viel Forschungsgeld für die Industrie, zu wenig für den sozial-ökologischen Umbau

Nachricht von Petra Sitte,

Von Petra Sitte, Sprecherin für Forschungs- und Technologiepolitik





Unsere Gesellschaft entwickelt sich ständig weiter, viele dieser Prozesse beruhen auf Forschungsegebnissen, neuem Wissen und auch auf neuen Technologien. Nach Erlebnissen wie Tschernobyl und Fukushima, mit dem Wissen über den Klimawandel, Wasserknappheit oder die soziale Spaltung der globalen Gemeinschaft müssen wir diesen Entwicklungen eine neue Richtung geben. Wir wollen sie sozial und ökologisch umbauen und in eine nachhaltige Gesellschaft transformieren.

  Weil dieser Umbau nicht ohne neues Wissen und die Integration dieses Wissens in unser Alltagshandeln denkbar ist, hat die Fraktion DIE LINKE die Befassung mit dem Thema Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung angeregt. Sechs Sachverständige aus Instituten und zivilgesellschaftlichen Verbänden gaben uns Abgeordneten Auskunft darüber, wie Forschung und Innovationen den gesellschaftlichen Umbau unterstützen können.
  Dr. Steffi Ober vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) zeigte auf, dass die Industrie an der Entstehung von Forschungsförderprogrammen maßgeblich beteiligt ist, während Gewerkschaften, Kirchen, Verbände etc. oft keinen Zugang zu den Hinterzimmern haben, in denen die Forschungsmilliarden verteilt werden. Diese Einflussnahme führe dazu, dass die Wissenschaftsfreiheit in ihrer Substanz angegriffen werde. Nachhaltigkeit sei viel zu oft nur ein Zusatzziel zur Wachstums- und Exportförderung der Bundesregierung.   Prof. Uwe Schneidewind ergänzte, dass von den vier Milliarden Euro für das Energieforschungsprogramm ganze 40 Millionen für nichttechnologische Fragestellungen wie etwa die soziale Integration der Energiewende eingesetzt werden. Das ist weniger als ein Prozent! Auch in der Wirtschaftswissenschaft fehle es an der Erarbeitung von alternativen Entwicklungspfaden, die Krise habe nicht zu einem Umdenken geführt. Schneidewind regte einen ThinkTank für alternative Wirtschaftswissenschaft etwa in Form eines Leibniz-Instituts an.   Die Sachverständigen forderten übereinstimmend, dass zivilgesellschaftliche Organisationen in die Gestaltung, Umsetzung und Auswertung von Forschung und Innovationen integriert werden müssen. Zudem brauchen wir eine Abkehr von der vorrangig technologiefixierten Innovationsförderung hin zu einer ganzheitlichen Sicht auf Entwicklung. Soziale Innovationen in Staat und Gesellschaft sind mindestens genau so wichtig zur Bewältigung der sozialen und ökologischen Heausforderungen wie neue Technik. Neue Autos alleine etwa schaffen die Vekehrswende nicht, wenn wir nicht auch Strategien zur Verkehrsvermeidung und zum Umstieg in den ÖPNV erforschen und umsetzen.
  Wir werden die Bundesregierung in den Haushaltsvehandlungen darauf drängen, mehr Geld aus der traditionellen wirtschaftsnahen Innovationsförderung in trans- und interdisziplinäre Bereiche der Nachhaltigkeitsforschung umzuverteilen. Dann wird sich hoffentlich auch die von allen Sachverständigen beklagte Situation verändern, dass diese praxisnahen Forschungsansätze für viele Nachwuchswissenschaftler eine Karrieresackgasse ist und in der universitären Welt wenig Ansehen genießt. Wir wollen eine freie Forschung im Dienste der Gesellschaft, einer nachhaltigen Gesellschaft.