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Wohnen ist keine Ware

Kolumne von Heidrun Bluhm-Förster,

Heidrun Bluhm ist wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag und hat ihren Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern - Wahlkreis 17, Mecklenburgische Seenplatte

 

 

Mecklenburg-Vorpommern ist – zumindest gefühlt – das schönste Bundesland der Welt und Schwerin sowieso die schönste Landeshauptstadt Deutschlands. Ich bin da geboren, aufgewachsen und mache Politik mit den Menschen in diesem Land schon mein ganzes Erwachsenenleben lang.

Vielleicht, nein: bestimmt, war es zuerst dieses angeborene Verbundenheitsgefühl, das mich dazu gebracht hat, mich gesellschaftlich zu engagieren, bevor das Bewusstsein dazu kam, dass ich das tun muss, weil ich nichts lassen kann, wie es ist, wenn es nicht gut ist.

Mecklenburgisch-Vorpommersche Botschafterin zu sein, auch wenn es dieses Amt gar nicht gibt, ist ein völlig selbstverständlicher Teil meiner bundespolitischen Arbeit. Da muss ich mich nicht anstrengen, dazu muss ich mir nichts aufschreiben, das ist einfach so!

Aber natürlich besteht Politik nicht nur aus der Kür und heimeligen Gefühlen, sondern ist in der Hauptsache tagtägliche hartnäckige Arbeit an Umständen, die die Menschen im ganzen Land berühren und in meinem Politikfeld, dem Wohnen, zunehmend beunruhigen.

Steigende Mieten, rasant wachsende Kosten für Strom und Heizung, in vielen Großstädten Verdrängung aus den angestammten Wohnquartieren, in anderen Städten und Regionen Wohnungsleerstand und eine zusammenbrechende Wohninfrastruktur mit schlimmen sozialen Folgen – das sind die Sorgen fast aller Menschen in der Bundesrepublik, und deshalb muss und will ich mich darum kümmern.

Ob in München oder Pasewalk, Hamburg oder Greifswald – Wohnen ist überall ein Grundbedürfnis der Menschen und gehört in den Menschenrechtskatalog des Grundgesetzes.

Wohnen ist nicht einfach eine Ware, die jede und jeder sich beliebig auf dem Markt beschaffen kann, sondern es ist über die vier Wände und ein Dach hinaus der persönlichste Teil von Heimat, der privateste Rückzugsort und  der intimste Raum der Freiheit.

Deshalb gehört es nach meiner Überzeugung zu den grundlegenden Fürsorgepflichten von Politik in Bund, Ländern und Kommunen, sich um das Wohnen zu kümmern. Wohnen darf nicht ausschließlich dem rücksichtslosen Marktmechanismus von Angebot und zahlungsfähiger Nachfrage überlassen werden.

Dafür streite ich, seitdem ich Abgeordnete des Deutschen Bundestages bin und überall dort, wo meine Hilfe gebraucht wird. Der Widerstand speziell bei den aktuellen Regierungsparteien ist groß und das ist nur allzu verständlich. Denn um das Wohnungsproblem in seiner Vielfalt wenigstens anzupacken, braucht es zunächst ein grundsätzliches politisches Umdenken und ein radikales Umsteuern in der Haushaltspolitik.

Zu beidem ist diese Regierung weder willens noch in der Lage. Weder der demografische noch der Klimawandel treffen uns überraschend. Komplex denkende Politik hätte sich ausrechnen können, dass notwendiger Klimaschutz im Wohngebäudebereich nicht zum Nulltarif zu haben ist, sondern gewaltige Haushaltsausgaben erfordert. Sozial verantwortungsvolle Politik hätte auch erkennen können, dass steigende Energiepreise und höhere Mieten zu Wohnkosten führen werden, die für einen wachsenden Teil der Bevölkerung schier unbezahlbar sind.

Aber wenn die aktuelle Regierungspolitik etwas nicht ist, dann vorausschauend, komplex denkend und schon gar nicht sozial verantwortlich. Dass es mittlerweile flächendeckend einen Mangel an bedarfsgerechtem und bezahlbarem Wohnraum gibt, ist zum Großteil dem Niedergang des Sozialen Wohnungsbau geschuldet.

Es fehlen in Deutschland inzwischen fast vier Millionen Wohnungen zur Versorgung von Menschen, die darauf einen gesetzlichen Anspruch haben. Der Marktlogik folgend, führt ein so verknapptes Angebot zu Preistreiberei bei den Wohnungsmieten. Statt schützend einzugreifen, sagt die Bundesregierung: „Ländersache“ – und macht Anstalten, gänzlich aus der Sozialen Wohnraumförderung auszusteigen.

Widerstand und Alternativen sind nötig, und deshalb habe ich mit meiner Fraktion gerade in die Debatte um den Haushalt 2013 zwei Anträge eingebracht: einen zur Begrenzung der Wohnkosten und einen zweiten zur deutlichen Stärkung und Verstetigung der Sozialen Wohnraumförderung – letzteren auch in dem Wissen, dass hier nicht nur „mehr Geld ins System“ muss, sondern dass der Soziale Wohnungsbau geradezu der Klassiker im Zusammenwirken von Bund Ländern und Kommunen ist oder wieder werden muss.
 

linksfraktion.de, 13. November 2012