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Wir zeigen Gesicht gegen Neonazis

Nachricht von Gesine Lötzsch,

Mitglieder der Fraktion DIE LINKE solidarisch mit den Opfern von Halberstadt

Der Anlass für den „Ausflug“ von Mitgliedern und Mitarbeitern der Fraktion DIE LINKE war nicht alltäglich. Gestern Abend besuchten Gesine Lötzsch, stellvertretende Vorsitzende gemeinsam mit den MdB Katrin Kunert, Elke Reinke und Roland Claus aus Sachsen Anhalt sowie vierzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die "Rocky Horror Show“ im Harzer Bergtheater Thale.

Parlamentarische Arbeit endet für uns nicht freitags und erst recht nicht an der Tür des Bundestages. Wir wollten vor Ort ein Zeichen setzen und nicht nur durch Presseerklärungen unsere Solidarität mit den Opfern des brutalen Überfalls von Neonazis auf Mitglieder des Nordharzer Theaterensembles zum Ausdruck bringen. Es wurde ein unvergesslicher Theaterabend.
Gut ausgerüstet mit allen Utensilien, gaben wir uns als Fans der "Rocky Horror Show“ zu erkennen. Wir sahen ein mitreißendes Musical, dem auch der strömende Regen nichts anhaben konnte. Der Himmel hatte sämtliche Schleusen geöffnet, so dass unser Beharrungsvermögen unter Schirmen und Capes auf die Probe gestellt wurde. Die romantische Kulisse des Bergtheaters bot uns nach einer halbstündigen Unterbrechung der Vorstellung einen atemberaubenden Blick ins nördliche Harzvorland. Ein malerischer Regenbogen setzte unserer Stimmung die Krone auf.

Nicht nur wegen der Tanzeinlagen in Highheels auf matschigem Boden sind solche Freiluftvorstellungen jedes Mal eine Herausforderung für die Mitglieder des Ensembles. Seit dem Überfall der Neonazis nach der Premierenfeier am 9.Juni hat sich das Leben der Schauspieler, Sänger und Tänzer drastisch verändert. Angst aber auch Mut zur Zivilcourage beherrschen die Szene und die Gesprächsthemen.
Davon erzählten sie uns gestern nach der Vorstellung in der Theaterkantine. Die Künstler um Intendant André Bücker wehren sich einerseits gegen die braune Stigmatisierung von Halberstadt. Anderseits mussten sie leibhaftig zur Kenntnis nehmen, dass Naziübergriffe keine Ausnahme mehr sind. Im Gegenteil - sie gehören zum Stadtbild.
Wut und Unverständnis äußerten die betroffenen Ensemblemitglieder über das Verhalten der Polizei am Tatort. Sie mussten die Erfahrung machen, dass die Hüter von Recht und Ordnung entweder resignieren oder ebenso von Angst vor brauner Gewalt paralysiert sind.

Man müsse sich der Bedrohung bewusst sein, sagte Intendant Bücker. Er forderte, dass der Betroffenheit endlich Konzepte und Taten dagegen folgen müssen.
Aufgewühlt erzählte uns Gerlind, seit zwanzig Jahren Ensemblemitglied, dass sie nur noch Zorn empfinde für die Sparpolitik des Landes an Kultur und Bildung. Sie sehe darin eine der wesentlichen Ursachen, dass unsere Gesellschaft oft junge Leute nicht mehr sozialisieren kann. Die anhaltinischen Theater hätten ein Netzwerk gegründet und wollen eine Broschüre gegen Nazigedankengut veröffentlichen.

Das war das Stichwort für Gesine Lötzsch. „Was tun gegen Rechtsextremisten“ ist der Titel einer Publikation, die unsere Fraktion zu Beginn des Jahres herausbrachte. Gesine Lötzsch übergab mehrere Exemplare an den Theaterleiter, verbunden mit dem Versprechen, auch der Halbstädter Polizei diesen Leitfaden zur Gegenwehr zur Verfügung zu stellen.
Eines der Opfer, der Sänger und Tänzer Timo-Felix, brachte emotional sehr bewegt auf den Punkt, was alle im Ensemble denken. „Ihr seid heute zu uns gekommen und das ist gut. Aber ich will von Euch Ergebnisse von Taten sehen." Bisher habe er sich nicht für Politik interessiert, dass hätte sich seit dem Vorfall geändert.

Die Erwartungshaltung des jungen Mannes wurde für uns spürbar Verpflichtung. Gesine Lötzsch nahm den Auftrag der Theaterschaffenden an. Sie sicherte ihnen auch im Namen des Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi zu, dass DIE LINKE sich für die strafrechtliche Verfolgung der Täter einsetzen werde. Eine demokratische Gesellschaft dürfe weder rechtsextremistisches Gedankengut noch Überfälle der Neonazis tolerieren - das war die Meinung aller Versammelten.
Dieser Theaterabend wird uns nicht nur wegen des Musicals als „Mitmachereignis“ in Erinnerung bleiben. Er ist es vor allem wegen der lebendigen Zivilcourage des Halberstädter Theaterensembles.