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»Wir brauchen ein Europa der Bevölkerung«

Nachricht von Gregor Gysi, Sahra Wagenknecht,

Ein Nein zur Europäischen Union sieht anders aus. Gregor Gysi und Sahra Wagenknecht haben in den vergangenen Tagen ihre Kritik an den Strukturen der Europäischen Union und der Politik in Europa deutlich gemacht. "Die Europäische Integration ist eine linke Idee. Die werden wir verteidigen", sagte Gregor Gysi im "Bericht aus Berlin" in der ARD. "Wir wollen aber die Politik der EU grundsätzlich verändern – demokratischer machen, friedlicher machen und sozialer machen", so Gysi.

Beim Jahresauftakt der Europäischen Linken am Sonntag in Berlin sagte Sahra Wagenknecht, es sei eine "Frechheit, ausgerechnet der Linken zu unterstellen, sie sei anti-europäisch". Die EU in ihrer heutigen Form müsse kritisiert werden, um europäische Werte und Ideale zu verteidigen.

Mehr Demokratie, mehr soziale Gerechtigkeit

Bereits am Freitag hatte Gregor Gysi vor Journalisten bei der Bundespressekonferenz erklärt, dass DIE LINKE die europäische Idee retten wolle. "Wer die europäische Idee will, der muss dafür sorgen, dass die Menschen Europa erleben als Ort des Friedens, als Ort von mehr Demokratie und als Ort von mehr sozialer Gerechtigkeit. Darum werden wir streiten", sagte Gregor Gysi. Tatsächlich gefährde die Bundesregierung die europäische Idee, indem sie statt Demokratie eine Art Regierungsföderalismus – "noch dazu von ganz wenigen Regierungen" – aufbaut. Es gehe nicht an, dass Regierungschefs versuchten, politische Entscheidungen über die Europäische Union durchzusetzen, weil sie anders in dem jeweiligen Land nicht durchsetzbar seien. "Wir müssen immer an die Bevölkerung denken", sagte Gysi. "Wir brauchen ein Europa der Bevölkerung und nicht ein Europa der Regierungen."

Ebenso kritisierte Sahra Wagenknecht in einem Interview mit dem Tagesspiegel den Missbrauch der EU durch nationale Regierungen: "Die EU ist auch ein Hebel zur Zerstörung von Demokratie. Sie wird von den nationalen Regierungen teilweise bewusst genutzt, um unpopuläre Entscheidungen auf Brüssel abzuwälzen und sie damit durchzusetzen: Sozialkürzungen, Ausverkauf öffentlichen Eigentums." Sie verwies auf die Politik der EU-Kommission und die EuGH-Entscheidungen der vergangenen 20 Jahre. Durch Vereinbarungen wie den Fiskalpakt würden nationale Parlamente zunehmend entmündigt.

Die wachsende Europa-Skepsis in der Bevölkerung entstehe durch das Handeln der europäischen Institutionen, sagte Sahra Wagenknecht beim Jahresauftakt der Europäischen Linken. Um anti-europäischen Ressentiments entgegenzuwirken, müsse DIE LINKE sich für andere europäische Verträge und eine andere europäische Integration einsetzen. "Diese heutigen Verträge setzen auf einen Dumping-Wettlauf – immer schlechtere Sozialstandards immer niedrigere Steuern für große Konzerne, immer schwächere Regulierung von Banken.“


Konstruktionsfehler der Europäischen Union korrigieren

Gregor Gysi kritisierte in diesem Zusammenhang in der ARD die deutsche Politik: "Ich muss mal ganz klar sagen: Das Lohndumping in Deutschland, einschließlich Hartz IV, das alles hat mit zur Krise geführt. Wir haben dadurch einen riesigen Exportüberschuss, die anderen müssen mehr kaufen als sie können, verschulden sich und dann schreiben wir den Leuten in Südeuropa vor, dass sie ebenfalls Lohndumping betreiben müssen, dass alles nach unten gehen muss.“ Die Bundesregierung sorge dafür, dass in der EU weiter Sozialabbau betrieben werde. Der von der Bundeskanzlerin angestrebte "Wettbewerbspakt" für Europa soll entsprechende Strukturreformen durchsetzen – möglichst vorbei an demokratischer Kontrolle.

Gregor Gysi wies am Samstag auf seiner Facebook-Seite auf den entscheidenden Konstruktionsfehler der Europäischen Union hin, den DIE LINKE korrigieren will. CDU-Vize Armin Laschet hatte zu der vermeintlichen "Armutszuwanderung" von EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern aus Bulgarien und Rumänien erklärt: "Wir haben bewusst keine Sozialunion." Gregor Gysi hielt ihm entgegen: "Wir brauchen eine europäische Sozial- und Wirtschaftsunion. Für den Fischer in Portugal müssen die gleich sozialen Standards gelten wie für die Kindergärtnerin in Deutschland und den Paketboten in Finnland."

linksfraktion.de, 13. Januar 2014