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Wer Zukunft will, muss mehr Soziales wagen

Im Wortlaut von Roland Claus,

 

Roland Claus, haushaltspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, mit einem Ausblick für 2015 im Zeichen der schwarzen Null

In aller Munde wird die schwarze Null auch 2015 sein, nachdem sie es beinahe zum Wort des Jahres 2014 gebracht hätte. Das mag die Koalition freuen, weil sie derzeit das finanzpolitische Denken auf der Regierungsbank beherrscht. Ein Grund zur Freude für die Bevölkerung ist das jedoch wahrlich noch lange nicht.

Fast konnte ich als haushaltspolitischer Sprecher meiner Fraktion in den Haushaltsberatungen für 2015 den Eindruck gewinnen, Finanzminister Schäuble hätte seinen Koalitionären einen Rhetorikkurs verschrieben: Die schwarze Null mache Deutschland zukunftssicher. Auf diese Zahl – die schwarze Null – sei man besonders stolz. Ein ausgeglichener Haushalt. Erstmals keine Nettoneuverschuldung. Die schwarze Null hier, die schwarze Null da.

Doch zu welchem Preis? Klar ist es gut, wenn ein Gemeinwesen über genügend Geld verfügt, um schuldenfrei in Bildung, in Forschung und Entwicklung, in die sozialen Sicherungssysteme, in den Straßenbau, in Sicherheit und das öffentliche Gesundheits- und Pflegesystem und vieles notwendige mehr zu investieren. Das kritisiert DIE LINKE überhaupt nicht. Unsere Kritik ist, dass die schwarze Null der Koalition zuallererst bedeutet, keine neuen Schulden aufzunehmen, ohne genügend Einnahmen für die notwendigen Aufgaben der öffentlichen Hand zu erwirtschaften.

Haushaltspolitik unter Schwarz-Rot bedeutet - wie auch schon unter Schwarz-Gelb -, lediglich auf der Ausgabenseite zu sparen, ohne die Einnahmeseite durch ein gerechtes und solidarisches Steuersystem zu entwickeln und zu stärken. Die schwarze Null bedeutet auch für 2015 dann ganz praktisch, Menschen in schlechte Arbeit zu zwingen, damit sie nicht mehr durch die sozialen Sicherungssysteme geschützt werden. Die schwarze Null bedeutet, ältere Erwerbslose unter hohen Abschlägen in die Zwangsrente zu schicken. Sie bedeutet auch, die Hausaufgaben, die etwa die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der Bundesrepublik aufträgt, einfach nicht zu erfüllen.

Das deutsche Bildungssystem ist mittlerweile eines der undurchlässigsten der Industrieländer. Ein Kind einer Arbeiterfamilie wird wieder ein Arbeiter. Ein Kind einer Akademikerfamilie wieder ein Akademiker. So wird soziale Ungleichheit festgeschrieben. Die schwarze Null bedeutet dann ganz konkret, dass viel zu wenig Geld in Bildung investiert wird, um allen Kindern einen gerechten Zugang zu Bildung und sozialer Teilhabe zu gewähren. Und die schwarze Null bedeutet auch im Jahr 2015 wieder viel zu wenige Investitionen in die öffentliche Infrastruktur. Allein in den Kommunen gibt es laut der Kreditanstalt für Wiederaufbau mittlerweile einen Investitionsstau von 100 Milliarden Euro. Brücken, Straßen, öffentliche Gebäude, die dringend. Der Finanzminister Schäuble hat jetzt ein Investitionsprogramm von 10 Milliarden Euro bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode 2017 angekündigt. Woher das Geld stammen soll, sagt er nicht.

DIE LINKE hat sich an den Haushaltsberatungen mit insgesamt 212 Alternativanträgen beteiligt. Sie schlägt eine gerechte Steuerpolitik mit Mehreinnahmen für den Bund um  45 Milliarden Euro vor. Im Sozial- und Bildungsetat sollen ebenso wie für Investitionen mehr Mittel eingestellt werden. Im Rüstungsetat hingegen schlägt DIE LINKE erhebliche Kürzungen zugunsten eines Konversionsfonds vor. Wer ein zukunftsfähiges Deutschland will, muss mehr Soziales wagen und Bildungs- und Investitionspolitik befördern.