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Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt

Nachricht,

Die von der CSU vehement geforderte Pkw-Maut für Ausländer hat ihren Grund darin, dass sich die Bayern darüber ärgern, dass sie in Österreich Maut zahlen müssen, die „Ösis“ aber nicht in Bayern bzw. Deutschland. Solch ein Appell an niedere Instinkte darf nicht belohnt werden. Der Schwanz darf nicht mit dem Hund wedeln, deswegen appellieren wir an SPD und CDU, sich diesem Schwachsinn zu verweigern.

Zur Aufklärung:

1. Eine Pkw-Maut nur für Ausländer kann es gar nicht geben, die ist trotz der heutigen Meldungen weiterhin diskriminierend und deswegen unzulässig. Wenn es eine Pkw-Maut geben würde, würde die für alle gelten.

2. Diskutiert wird vielmehr, den deutschen AutofahrerInnen die Kfz-Steuer um die Gebühr der Maut zu kürzen, wodurch es keine zusätzliche Belastung deutscher AutofahrerInnen geben soll. Was passiert aber, wenn die Kfz-Steuer so niedrig ist, dass sie unter der Gebühr für die Maut liegt, die mindestens 80 Euro im Jahr betragen dürfte? Viele zahlen weniger Kfz-Steuer im Jahr. Und für E-Autos zahlt man derzeit gar keine Kfz-Steuer und Schwerbehinderte bekommen 50 Prozent Ermäßigung. Bekommen diese dann alle die Differenz ausgezahlt, machen also noch „ein Geschäft“? Das ist nicht wirklich vorstellbar.

3. Einziger sachlicher Hintergrund für die Pkw-Maut ist, dass mehr Geld in den Straßenbau fließen soll und dafür neue Einnahmequellen gesucht werden. Der Witz aber ist, dass eine Maut nur für Ausländer im besten Fall ein paar Hundert Millionen Euro an Einnahmen bringen würde. Denn nur etwa 5 Prozent bzw. jedes 20. Auto ist ein ausländisches Fahrzeug. Die meisten Experten gehen deswegen davon aus, dass die Maut, die von AusländerInnen bezahlt würde, gar keine Netto-Einnahmen bringen würde, da ja noch die Kosten der Erhebung in Höhe von ebenfalls einigen Hundert Millionen Euro abgerechnet werden müssen.

4. Wesentlich einfacher und effektiver sowie die Menschen nicht belastend wäre es, die LKW-Maut in den nächsten Jahren schrittweise auszuweiten. Das würde nach offiziellen Berechnungen 4,4 Milliarden Euro Mehreinnahmen bringen und damit die finanzielle Lücke, die es beim Bestandserhalt von Straßen, Schienen sowie Flüssen und Kanälen gibt, fast vollständig schließen können. Wozu soll man sich da zusätzlich noch eine PKW-Maut antun, wenn die höchstens ein paar Hundert Millionen Euro mehr einbringt?

5. Es geht gar nicht um eine richtige Maut, wie es sie für LKW ab 12 Tonnen bereits in Deutschland gibt, sondern um eine Vignette. Eine Vignette ist eine Autobahn-Flatrate. Eine Maut hingegen ist fahrleistungsabhängig, eine Gebühr pro gefahrenem Kilometer. Das bedeutet: Wer mehr fährt, zahlt auch mehr. Nur eine echte Maut hätte eine ökologische Lenkungswirkung. Eine Flatrate hingegen würde eher das Gegenteil bewirken, nämlich dass viele das Geld für die Vignette wieder "reinfahren" wollen.

6. Eine Vignette ist deswegen auch unsozial. Es ist davon auszugehen, dass eine Vignette für jeden Pkw gleich teuer werden würde. Warum aber soll ein – teures – großes und schweres Fahrzeug genauso teuer bzw. billig wie ein – billiger – kleiner und leichter Kleinwagen sein?

7. Wenn die Vignette für jedes Fahrzeug gleich teuer wäre, dann wäre sie noch unökologischer. Denn während die Kfz-Steuer nach Hubraum, CO2-Ausstoß und den Schadstoffklassen differenziert, wird eine für alle Fahrzeuge gleich teure Vignette keinerlei ökologische Wirkung entfalten. Bliebe die Kfz-Steuer erhalten, würde diese weiterhin entsprechend wirken. Aber wird sie das? Der Aufwand der Erhebung der Kfz-Steuer ist relativ groß für die vergleichsweise geringen Einnahmen. Eine Verrechnung mit der Maut würde es noch komplizierter machen, aber den Ertrag der Kfz-Steuer erheblich mindern. Die entscheidende Frage ist deshalb, ob bei einer Maut die Kfz-Steuer nicht gleich ganz – zumindest für Pkw – abgeschafft werden würde. Dann würde die bisherige – wenn auch leider zu geringe – ökologische Lenkungswirkung komplett entfallen.

linksfraktion.de, 31. Oktober 2013