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Weniger ist mehr

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Bundestagsfraktion DIE LINKE sieht Chancen in der Auflösung von Bundeswehrstandorten

In den nächsten Jahren werden im Zuge der Standortschließungen viele Grundstücke der Bundeswehr verkauft. Die Linksfraktion im Bundestag hat mit Konversionsexperten, kommunalen Politikern und Betroffenen sowie Interessierten über die Chancen gesprochen, die sich aus dem Abzug der Streitkräfte ergeben.

Im Oktober wird Bundesverteidigungsminister de Maizière Pläne vorstellen, welche militärischen Liegenschaften im Zuge der Bundeswehrreform für die zivile Nutzung freigegeben werden. In vielen Städten und Kommunen müssen die Betroffenen entscheiden, was mit den frei werdenden Grundstücken passieren soll. Am 9. September hat die Bundestagsfraktion DIE LINKE deshalb in Berlin die Konversionskonferenz „Truppenabzug als Chance" veranstaltet. Mehr als siebzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer widmeten sich der wichtigen Frage, wie ehemalige Militärgebiete zivil genutzt und die Menschen vor Ort davon am besten profitieren können. „Die Linke kritisiert zwar, dass die Bundeswehrreform ein weiterer Schritt hin zu einer international agierenden Einsatzarmee ist, aber die Konversion von Militärgebieten bietet für die Kommunen Chancen für eine gute soziale und wirtschaftliche Entwicklung", erklärte Inge Höger, abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion.

In den letzten 20 Jahren sind bereits viele militärische Liegenschaften umgewandelt worden, weil Truppen abgezogen sind. „Es gibt positive und negative Beispiele für Konversion", so Claudia Haydt von der Informationsstelle Militarisierung. „Positiv war die Entwicklung häufig dann, wenn die Betroffenen vor Ort früh an den Entscheidungen beteiligt wurden, was auf dem Standort entstehen soll", meinte sie weiter. In Tübingen entstand so zum Beispiel in Liegenschaften des französischen Militärs das Französische Viertel. Neben Wohnungen, Geschäften und öffentlichen Plätzen sind dort auch 2500 Arbeitsplätze entstanden, obwohl die Stadt wenig Geld hat. Auch in ländlichen Gebieten sind Umnutzungen möglich, wie zum Beispiel das Biosphärengebiet Schwäbische Alb oder der Nationalpark Eifel zeigen, beides ehemalige Truppenübungsplätze. Negativ verlaufen Konversionen, wenn in frei werdende Gebäude einfach Menschen einziehen sollen, die sonst nirgendwo erwünscht sind, wie Asylbewerber oder sozial Ausgegrenzte. Das sei eine verfehlte Stadtpolitik, verdeutlichte Claudia Haydt. Ein Beispiel dafür ist die Schwarzwaldstadt Lahr, wo mehr als 12.000 so genannte Aussiedler in ehemaligen Liegenschaften der kanadischen Armee einquartiert wurden und ihnen die Integration damit schwer gemacht wurde. Die Stadt hat bis heute mit den Problemen der Entscheidung zu kämpfen.

Militärische Liegenschaften sind oft ein blinder Fleck für Stadtbewohner, weil sie jahrelang nicht zugänglich waren. Gerade deshalb sei es wichtig, frühzeitig und gemeinschaftlich mit der Planung zu beginnen, erklärte Jörg Musial von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Solche „blinden Flecken" gäbe es manchmal mitten in der Stadt, wie zum Beispiel in Mannheim, wo in den nächsten Jahren das US-Militär abziehen wird und etwa 500 Hektar freies Gebiet mit vielen Gebäuden hinterlässt.

In anderen Kommunen ist das Militär zwar noch da, aber die Betroffenen wehren sich und denken weiter. In Brandenburg hat sich etwa die Bürgerinitiative Freie Heide erfolgreich gegen das Bombodrom eingesetzt, und in Sachsen-Anhalt engagiert sich die Initiative Offene Heide für eine zivile Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide.

Konferenzteilnehmer Wolfgang Jung aus Kaiserlautern, der sich seit Jahren gegen die US-Präsenz in Kaiserslautern und Ramstein engagiert, führte aus:„Bei uns wird häufig damit argumentiert, dass Arbeitsplätze und Konsumenten wegfallen würden und Wohnungen leer stünden, wenn das US-Militär abzieht, dabei sind diese Argumente leicht zu entkräften. Und ich denke, wir sollten jetzt schon darüber nachdenken, wie man die Fläche später nutzen könnte. Wenn wir das erst machen, wenn das Militär irgendwann abzieht, ist es eigentlich zu spät."

Der Tenor der Konferenz war, dass man sich zukünftig stärker vernetzen und so handlungsfähiger werden kann. Zu diesem Zwecke wird sich eine Arbeitsgruppe Konversion gründen sowie eine Dokumentation als Konversionsleitfaden und Handreichung für Kommunen sowie alle Interessierten veröffentlicht.