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Warum kommt die Post nicht klar mit der Briefzustellung?

Im Wortlaut von Herbert Schui,

Nun ist es amtlich, was wir ohnehin schon wussten: Die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde der Post stellt fest, dass es bedeutend mehr mangelhafte oder ausgefallene Briefsendungen gibt. Woran liegt das? Die Zahl der Briefzusteller wurde von 96 000 im Jahr 2000 auf nun 80 000 verringert. Die Zustellbezirke wurden entsprechend vergrößert - und damit der Stress bei der Arbeit. Der Stundenlohn dagegen ist mäßig: 11, 84 Euro, wenn man, sofern Anspruch besteht, das Urlaubsgeld und das 13. Monatsgehalt auf 12 Monate umrechnet. Nun will die Post 1000 neue Zusteller einstellen. Das reicht nicht. Die Gewerkschaft Verdi errechnet einen Bedarf von zusätzlich 10 000 Zustellern. Dies ergibt sich allein schon aus den aufgelaufenen Überstunden der Beschäftigten.

Aber nicht nur bei der Zustellung hapert es gewaltig: Innerhalb von zehn Jahren hat die Post ihr Filialnetz erheblich zusammengestrichen, von 15 300 Annahmestellen (1997) auf 12 600 (2007). Was noch? Es gibt weniger und weniger Briefkästen. Die Tarife der Deutschen Post sind höher als in den meisten europäischen Ländern.

Was macht die Post mit dem vielen Geld? Im März 2003 kauft Postchef Zumwinkel für eine Milliarde Euro den US-Expressdienst Airborne. 2003 beträgt seine Vergütung 1,70 Millionen Euro, 2007 sind es 4,24 Millionen. (Weil Zumwinkel mehr Netto haben wollte, ist er nun wegen Steuerhinterziehung angeklagt.) Die US-Filiale, jetzt unter der Bezeichnung DHL Express USA, hat andauernd Verluste gemacht. Jetzt wird das Geschäft der US-Filiale radikal umgebaut. DHL Express USA wird alle rein nationalen Sortierzentren schließen und die Anzahl der Niederlassungen von 412 auf 103 reduzieren.

Das hätte man billiger haben können: Airborn erst gar nicht kaufen! Morgan Stanley hat den Gesamtverlust der US-Filiale seit 2003 auf etwa sieben Milliarden Euro geschätzt - so die Financial Times Deutschland vom 25.1.2008. Die Angaben des Konzernchefs Appel liegen darunter. Er beziffert am 11.11..2008 den Gesamtschaden für das Unternehmen seit 2003 insgesamt 7,5 Milliarden Euro, das kommende Jahr eingerechnet. Diese Zahl dürfte zu niedrig angesetzt sein, denn allein der Umbau ihres US-Geschäfts kostet die Deutsche Post drei weitere Milliarden Euro.

Die Deutsche Post ist, wie viele andere Konzerne, Weltmeister im Milliardenversenken - und damit im Versenken von Postfilialen, Briefkästen, Beschäftigung und Löhnen. Brauchen wir einen deutschen Postkonzern mit Weltgeltung? Nein, wir brauchen eine Post, die unsere Briefe zuverlässig befördert, die Beschäftigten anständig bezahlt und den Stress bei der Arbeit möglichst niedrig hält - am besten als bundeseigenen Betrieb.

Von Herbert Schui

Harburger Anzeigen und Nachrichten, 11. Dezember 2008