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Vorsicht: Kopfpauschale

Rede von Martina Bunge,

Rede zur Aktuellen Stunde zur sogenannten Gesundheitsreform der Bundesregierung am 7. Juli 2010

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Der Minister und Sie als Koalitionäre haben gestern ein Eckpunktepapier mit dem Titel „Für ein gerechtes, soziales, stabiles, wettbewerbliches und transparentes Gesundheitssystem“ vorgelegt.


(Heinz Lanfermann (FDP): So ist es!)

Das sind große, wohlklingende Worte. Die nüchterne Analyse zeigt: Das Ganze ist Politik für Besserverdienende und Arbeitgeber gegen die Mehrheit der Bevölkerung.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Jens Spahn (CDU/CSU): Deswegen loben uns die Arbeitgeber so!)
Sie wählen eine sehr interessante Taktik. Sie sprechen von einer Wiederherstellung des Beitragssatzes von 15,5 Prozent und kommen so paritätisch auf 6 Milliarden Euro für 2011. Das geschätzte Defizit in Höhe von 11 Milliarden Euro wird durch die Einsparmaßnahmen und den Bundeszuschuss gedeckt das Haushaltsloch ist also weg , und für alle Fälle gestaltet man für die Zukunft den Zusatzbeitrag durch den Sozialausgleich neu. Schon hat man das System für die Zukunft wetterfest gemacht.


(Jens Spahn (CDU/CSU): Sie haben es verstanden!)


Wir hören schon seit Jahren und vor allem seit dieser Legislaturperiode, wie das funktionieren soll.
Ich sage: Sie kaschieren die Fehler, Sie beruhigen die Bevölkerung und verstecken Ihre sozialpolitischen Grausamkeiten unter einem Mäntelchen. Ich möchte allen zurufen: Vorsicht Kopfpauschale!


(Lars Lindemann (FDP): Oh!)


Bei dem von Ihnen vorgelegten Konzept geht es nicht allein um weniger Netto vom Brutto, sondern um eine generelle Verlagerung aller künftigen Ausgabenentwicklungen allein auf die Versicherten die Arbeitgeber sind raus und damit um die höchsten Beiträge für Versicherte aller Zeiten. Man muss sich die Zahlen auf der Zunge zergehen lassen: 8,2 Prozent also 7,3 Prozent plus 0,9 Prozent plus 2 Prozent, das sind 10,2 Prozent allein für die Versicherten. Das hat es noch nie gegeben. Das ist ein Skandal.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Durch die einseitige Belastung der Arbeitnehmer wird die Schieflage verstärkt. Menschen mit kleinen Einkommen Geringverdiener, Rentner mit geringen Bezügen, Studierende werden am stärksten belastet. Nehmen wir als Beispiel einen Zusatzbeitrag in Höhe von 16 Euro. Wie funktioniert das? Bei einem Einkommen von 800 Euro entsprechen 16 Euro 2 Prozent des Einkommens, bei 1 600 Euro sind es 1 Prozent, bei 3 200 Euro 0,5 Prozent, und über der Beitragsbemessungsgrenze ist die Belastung gleich null. Das ist zutiefst ungerecht.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Jens Spahn (CDU/CSU): So ein Quatsch!)


Den Sozialausgleich über Steuern subventionieren die Betroffenen, zumindest teilweise, auch noch selbst. Es ist doch eine Mär, dass bei den Steuern vor allen Dingen die Besser- und Höchstverdienenden herangezogen werden. Wir alle wissen, dass die gesamten Steuereinnahmen nur zu einem Drittel aus Einnahmen aus der Einkommensteuer bestehen. Damit entsteht der Effekt, dass sie sich selber über die Mehrwertsteuer und dergleichen subventionieren. Durch das vorgelegte Konzept wird bei den Versicherten gleich mehrfach abkassiert. Was ist daran sozial? Wir sagen: Das ist ein Skandal.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie konstruieren einen Zwitter: ein Stück bisherige gesetzliche Krankenversicherung und ein neues Stück versteckte Kopfpauschale, das immer größer werden kann. Sie wollen ihr Gesicht wahren. Wir werden Gesicht zeigen gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern für eine sozial gerechte Gesundheitspolitik. Umfragen zeigen: Ganze 2,3 Prozent auch wenn diese Zahl nicht repräsentativ ist denken, dass Sie eine dauerhafte, solide Finanzierung geschaffen haben. Sie können sich sicher sein: Widerstand wird kommen. Bei dem vorgelegten Konzept ist das auch erforderlich; denn Ihr Konzept ist um noch einmal auf den Titel zurückzukommen nicht transparent, sondern komplizierter und undurchschaubarer, wettbewerblich für uns hat dieser Begriff im Gesundheitssystem nichts zu suchen , nicht stabil wir denken, es ist gerade für politische Einflussnahme sehr anfällig , nicht sozial es ist zutiefst unsozial; das habe ich eben dargelegt und nicht gerecht wir meinen, es ist himmelschreiend ungerecht.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)