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Trotz Pfefferspray, Knüppeln und Wasserwerfern: Naziaufmarsch in Dresden verhindert!

Im Wortlaut von Niema Movassat,

Ein persönlicher Bericht vom Protest gegen den Naziaufmarsch in Dresden.

 

Tausende engagierter Menschen haben am 19.02. den Naziaufmarsch in Dresden verhindert. Die Nazis sind nicht durchgekommen und sie waren viel weniger als erwartet. Und dies obwohl die Polizei – angestachelt durch eine verheerende und nicht nachvollziehbare Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Dresden und des Oberverwaltungsgerichts Sachsen - massive Repression gegen die AntifaschistInnen anwendete, sie auch gegenüber Abgeordneten des Bundestages und der Landtage keinerlei Probleme hatte gewalttätig zu werden, sie grundlos Wasserwerfer einsetzte, in die Menge knüppelte und Pfefferspray versprühte.

Ich selbst fuhr gemeinsam mit anderen AntifaschistInnen ab Duisburg am Freitagabend gegen 23 Uhr nach Dresden. Nach einer langen Fahrt  kamen wir früh morgens mit diversen anderen Bussen im Konvoi in Dresden an. Die Polizei versuchte uns umzuleiten, weit weg vom geplanten Ort der Naziveranstaltung. Wir verließen deshalb die Busse und liefen einige Kilometer. Schon bald aber standen wir vor einer Polizeiabsperrung einer Berliner Hundertschaft. Ein Vermittlungsgespräch war seitens der Polizei nicht erwünscht - auch die nächsten zwei Stunden verweigerte man uns, mit dem Leiter des Einsatzes zu sprechen.

Die Polizei setzte massiv Pfefferspray ein und drückte die Demonstranten nach hinten. Auch als ich mich als Abgeordneter auswies und um ein Gespräch bat, wurde dies mit der Äußerung „das ist egal“ barsch abgelehnt. Wir liefen alsbald die Nöthnitzerstraße entlang, der Versuch in die Münchenerstraße einzubiegen wurde von der Polizei verhindert.

Ich wurde im Verlauf der weiteren Stunden Zeuge einiger polizeilicher Übergriffe. So wurde ein Demonstrant, der einfach nur mitmarschierte, nichts gesagt und nichts getan hatte, von einem Polizisten im Laufen angegriffen. Mein Versuch, dies zu unterbinden, endete in zahlreichen Schubsern und Anbrüllerei mir gegenüber. Ein Polizist baute sich sogar vor mir auf und drückte mich sehr entschieden weg und versuchte mir zu verbieten zu reden. Dies sind nur wenige Beispiele für Straftaten durch die Berliner Polizeihundertschaft. DemonstrantInnen, die abgeführt wurden, hielt man den Mund zu, damit sie ihren Namen und Heimatstadt den Umherstehenden nicht zurufen konnten. Diese Informationen sind wichtige Hinweise und eine Erleichterung für die spätere Arbeit des Ermittlungsausschusses. Auch später wurde ich Zeuge, wie ein Polizist im Laufen einen Demonstranten, der möglicherweise ein wenig im Weg stand, schlug. Ohne jeden Grund. Wir beobachteten Beamte, die ihre Kollegen zurückhalten mussten, da sie vor lauter Aggression am liebsten sofort in die Menge geknüppelt hätten. Vorläufiges Ergebnis dieser polizeilichen Gewaltorgie:  114 Personen wurden von der eigenen Demo-Sani-Struktur behandelt, darunter befanden sich 45 Schwerverletzte (ausgeschlagene Frontzähne, ausgekugelte Gelenke, Hüfte und Schulter, Kopfplatzwunden, sowie Schädel-Hirn-Trauma).

Dazu kam das eskalative Auftreten der Polizei und die Nichtbereitschaft zum Gespräch und zur Kooperation. Zahlreiche Versuchte, mit Einsatzleitern, Abschnittsleitern etc. zu sprechen, wurden nicht einmal vorgetragen durch Polizisten, oder aber lange Zeit verzögert. Als Abgeordnete der LINKEN wurden wir konsequent nicht durch Polizeiabsperrungen gelassen, während Abgeordnete anderer Parteien dieser Repression nicht unterlagen. Hier hat sich insbesondere auch die Bundespolizei negativ hervorgetan. Wies man die Polizei auf rechtswidriges Handeln hin und konnte die Polizei die Rechtmäßigkeit nicht begründen, war bspw. ein Kommentar, der mir entgegengeschleudert wurde: “Sie können sich ja später beschweren.“

Das insgesamt martialische Auftreten der Polizei, mit Wasserwerfern immer in Sichtweite, mit Pfefferspray in der Hand, mit Kampfhunden vor den Gegendemos, all dies trug zu einer explosiven Stimmung bei. Nebenbei war die Polizei völlig unkoordiniert und überfordert, der eine Beamte wusste nicht, was der andere tat.

Richtig ist, es gab auch einige wenige Gegendemonstranten die entgegen des Aktionskonsens Gewalt vor allen Dingen gegen Sachen ausgeübten und zum Beispiel Materialbarrikaden anzündeten etc. Richtig ist aber auch, dass die Polizei mit ihrem Verhalten und ihrer Eskalationsstrategie selbst Gewalt ausgeübte. Von Beginn an war es die Polizei, die auf pure Eskalation und Null-Toleranz setzte. Kooperation oder Verhandlungen wurden rigoros abgelehnt. Die Erstürmung und Verwüstung des „Haus der Begegnung“ am Samstagabend durch das SEK war nur der Gipfel einer Polizeistrategie, die durchweg darauf setzte, den Nazis den Weg mit allen Mitteln frei zu machen. Gleichzeitig schaute man tatenlos zu, als das linksalternative Wohnprojekt „Praxis“ von Nazis angegriffen wurde.

Für 2012 gilt: Wir kommen wieder nach Dresden, wenn die Nazis marschieren! Und wir werden wieder verhindern, dass die Nazis durchkommen! No Pasaran!

 

Von Niema Movassat

www.linksfraktion.de, 22. Februar 2011