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Tarifeinheit geht auch ohne Staat

Im Wortlaut von Jutta Krellmann,

 

Von Jutta Krellmann, gewerkschaftspolitische Sprecherin der Fraktion

 

Die Tarifeinheit war und ist ein historischer Auftrag und zugleich ureigenes politisches Ziel des Deutschen Gewerkschaftsbundes und seiner Mitgliedsgewerkschaften. Durch den Zusammenschluss aller abhängig Beschäftigten wird eine solidarische Interessenvertretung erreicht, die mit Solidarität statt Konkurrenz den Abschluss von einheitlichen Tarifverträgen für alle Branchen oder Betriebe durchsetzt. Die Sicherung der Tarifeinheit ist damit schon per Definition alleinige Aufgabe der Gewerkschaften – und nicht des Gesetzgebers!

Dennoch hat sich Schwarz-Rot im Koalitionsvertrag Ende letzten Jahres der Herstellung der Tarifeinheit per Gesetz verschrieben. Offenkundige Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieses Vorhabens werden dabei ebenso ignoriert wie geltende Gewerkschaftsbeschlüsse.

Vielmehr bedient sich die Bundesregierung der völlig aus den Fugen geratenen öffentlichen Debatte über die gängigen Tarifauseinandersetzungen bei Bahn und Lufthansa, um das Gesetzesvorhaben voranzutreiben. Und die Arbeitgeber? Die lehnen sich zurück und warten in Ruhe ab – anders kann man beispielsweise das Verhalten des Bahnvorstandes in der aktuellen Tarifauseinandersetzung nicht einordnen.

Dabei ist gerade jetzt für alle Gewerkschaften Vorsicht geboten, denn allein schon die Debatte über eine gesetzliche Tarifeinheit wirkt sich fatal auf Tarifverhandlungen und die Anwendung von Arbeitsniederlegungen aus – und das in einem Land, das zu einem der streikärmsten auf der Welt zählt!

Die Gewerkschaften wären gut beraten, das Prinzip der Solidarität in der Interessensvertretung jetzt auch auf der Verbandsebene zu festigen, wie beispielsweise die gute Praxis von Ver.di und DJV zeigt, und damit Geschlossenheit zu demonstrieren. Denn mit der faktischen Einschränkung des Streikrechts, die mit einer gesetzlichen Regelung unweigerlich einhergehen würde, wären auch die DGB-Gewerkschaften schlecht bedient.

Die Fraktion DIE LINKE will starke Gewerkschaften für Deutschland. Doch sie können die Interessen der Beschäftigten nur richtig vertreten, wenn sie eine hohe Durchsetzungskraft auf Basis eines geschlossenen und solidarischen Handelns der Beschäftigten besitzen. Die Stärkung des Prinzips „ein Betrieb, eine Gewerkschaft“ beinhaltet daher auch den Einsatz seiner Möglichkeiten für schwächere oder kleinere Verbände. So sieht unserer Meinung nach gelebte gewerkschaftliche Solidarität aus, und das wollen wir voran bringen. Auf diese Weise können die Gewerkschaften das Zepter selbst in die Hand nehmen und auf der Grundlage politisch verbesserter Rahmenbedingungen die Interessen der Beschäftigten wahrnehmen und durchsetzen. Und nicht zuletzt macht dies eine gesetzliche Regelung zu Tarifeinheit und damit ein weiteres Einfallstor für die Beschneidung von Arbeitnehmerrechten überflüssig.

linksfraktion.de, 8. Oktober 2014