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Südafrika: Wie weiter auf dem langen Weg zur Freiheit?

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Die Fraktion DIE LINKE und die Rosa-Luxemburg-Stiftung erinnerten auf einer gemeinsamen Veranstaltung am 24. März an den verstorbenen südafrikanischen Präsidenten und Freiheitskämpfer Nelson Mandela  und würdigten den 20. Jahrestag der ersten freien und demokratischen Wahlen in Südafrika im Jahr 1994.

Gregor Gysi über Nelson Mandela: "Er konnte aufhören zu siegen."


"Sind wir visionär, reif und mutig genug, um in Nelson Mandelas Fußstapfen zu treten auf dem langen Weg zur Freiheit?", fragte Shirley Gunn in ihrem Eröffnungsvortrag in Anlehnung an Mandelas Autobiographie "Der lange Weg zur Freiheit", deren Verfilmung gerade in den Kinos läuft. Shirley Gunn kämpfte im Umkhonto we Sizwe ("Speer der Nation"), dem bewaffneten Arm der Befreiungsbewegung ANC, gegen die Apartheid. Sie war im Gefängnis, wurde gefoltert.  Heute arbeitet sie in einer zivilgesellschaftlichen Organisation, die die  Erinnerung an Menschenrechtsverletzungen in der Zeit der Apartheid wachhält und für Gerechtigkeit für die Opfer eintritt. Vor rund 90 Teilnehmern erinnerte sie an Nelson Mandela, an den gemeinsamen Kampf und den Moment der Befreiung, aber auch an die Verstrickung deutscher Konzerne wie Rheinmetall, Deutsche Bank und DaimlerCrystler, die mit dem Apartheidsregime gute Geschäfte machten.

Shirley Gunn bedankte sich für die internationale Unterstützung, die der Kampf gegen die Apartheid erfahren hatte. Arndt Hopfmann, Leiter des Afrika-Referats der Rosa-Luxemburg-Stiftung und Moderator der Veranstaltung, erinnerte daran, dass die Anti-Apartheidsbewegung immer zugleich auch eine linke Bewegung gewesen war. Drei Gäste der Veranstaltung saßen stellvertretend für die internationale Solidarität auf dem Podium: Vladimir Shubin, Professor am Afrika-Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften, wirkte als sowjetischer Experte und Berater an der Koordinierung der sowjetischen Unterstützung des ANC im südlichen Afrika mit. Dafür wurde er später von der südafrikanischen Regierung ausgezeichnet. Von der Unterstützung des ANC durch die DDR berichtete Ilona Schleicher, die im diplomatischen Dienst der DDR im südlichen Afrika tätig war: Dazu gehörten Hilfslieferungen, Studienplätze für südafrikanische Studenten in den Ländern des Warschauer Vertrags und auch die Unterstützung der militärischen Ausbildung für ANC-Kämpfer. Birgit Morgenrath berichtete von den Erfahrungen der westdeutschen Anti-Apartheidsbewegung, von Aufklärungskampagnen über die Kumpanei von deutscher Politik und Wirtschaft mit dem südafrikanischen Regime und von Boykottkampagnen, zum Beispiel gegen die Deutsche Bank.

Für die Fraktion DIE LINKE würdigten der Vorsitzende, Gregor Gysi, und Wolfgang Gehrcke, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, Nelson Mandela als politisches Vorbild. Nelson Mandela sei der einzige Politiker, auf den sich alle verständigen können, so Gysi. Denn er habe "aufhören können zu siegen": Nicht Rache, sondern Ausgleich und Verständigung seien sein Anliegen gewesen.

20 Jahre nachdem der ANC in den ersten freien Wahlen Südafrikas erstmals an die Regierung gewählt wurde, zogen die Teilnehmer auch kritische Bilanz. Denn nach wie vor sind in Südafrika die sozialen Gegensätze groß. Und nach wie vor gibt es einen engen Zusammenhang zwischen Hautfarbe und sozialem Status. "Als Nation sind wir noch nicht frei von Rassismus", stellte Shirley Gunn fest. Armut, Ungleichheit und Arbeitslosigkeit sowie der Kampf gegen Korruption seien bleibende Herausforderungen, die Veränderung der sozialen Verhältnisse die notwendige Voraussetzung für ein echtes Ende der Apartheid. Was also tun, um weiter voranzukommen auf dem langen Weg zur Freiheit? Alle Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass eine breite gesellschaftliche Debatte notwendig ist, vor allem die Jugend für die Politik zurückgewonnen werden muss. Die Erneuerung von unten hat schon begonnen, so Birgit Morgenrath hoffnungsvoll: "Es gibt kein Volk, das so stark politisiert ist, wie die Südafrikaner."


linksfraktion.de, 25. März 2014d