Zum Hauptinhalt springen

Studie „Zur Zukunft der Lausitzer Braunkohle“

Nachricht von Hans-Kurt Hill,

Ein Abbaggern neuer Braunkohlefelder in der Lausitz ist überflüssig. Eine Studie im Auftrag der Bundestagsfraktion DIE LINKE. kommt zu dem Schluss, dass die Verstromung von Lausitzer Braunkohle bis 2050 fortgeführt werden kann, ohne dass die Umsiedlung weiterer Lausitzer Dörfer in den sogenannten Vorbehaltsgebieten erforderlich wäre. Dies würde die Umsiedlung tausender Menschen verhindern und den Klimagasausstoß senken.

Anlass für die Studie sind die Pläne des Konzerns Vattenfall Europe zur Erweiterung der Tagebaue Welzow-Süd (Bundesland Brandenburg) und Nochten (Bundesland Sachsen) in die bisher als „Vorbehaltsgebiete“ bezeichneten Bereiche. Dies hätte die Umsiedlung von mehr als tausend Einwohnerinnen und Einwohnern zur Folge. Darüber hinaus wird angesichts der klimapolitischen Erfordernisse der aus der Braunkohleverstromung resultierende CO2-Ausstoß bilanziert.
Eine Beurteilung der energiepolitischen und planerischen Handlungsoptionen für den Zeitraum von 2010 bis 2020 erfordert zunächst eine bilanzierende Betrachtung von Laufzeiten der bestehenden und in Planung befindlichen Lausitzer Kraftwerksblöcke und Tagebaue. Die reguläre Betriebsdauer von Kraftwerksblöcken wird dabei mit 40 Jahren angenommen. Eine Außerbetriebnahme ist daher zu erwarten für
  • die ertüchtigten 500 MW-Blöcke in Boxberg und Jänschwalde um 2020;
  • die Neubaukraftwerke der 90er Jahre in Boxberg und Schwarze Pumpe um 2040;
  • den um 2010 geplanten Neubaublock R in Boxberg um 2050.

Das Gutachten stellt eine überschlägige Kohlebilanz für den Kohlebedarf dieser Kraftwerke auf, leitet die jeweiligen Kohlendioxidemissionen ab und betrachtet drei Szenarien für die Versorgung der Kraftwerke.
Im Status-quo-Szenario werden die bestehenden Kraftwerkskapazitäten stark ausgelastet. Dennoch ist eine Inanspruchnahme der Vorbehaltsgebiete erst ab 2039 notwendig. Lediglich 48 von 510 Mio. Tonnen Kohle aus diesen Gebieten würden bis zum Jahr 2050 benötigt. Allerdings würden die Kohlendioxidemissionen aus Lausitzer Braunkohle ab dem Jahr 2010 noch einmal auf mehr als 60 Mio. t pro Jahr ansteigen.
Im Szenario mit Ausbau der Kohleverbindungsbahn (KVB) wird das planmäßige Auslaufen des Tagebaus Cottbus-Nord durch eine Erhöhung der Kapazität der Kohleverbindungsbahn für die Zufuhr aus dem Südteil des Reviers so ausgeglichen, dass das Kraftwerk Jänschwalde weiter sehr stark ausgelastet werden kann. Dies führt zu einer um ein Jahr früheren Inanspruchnahme der Vorbehaltsgebiete und zu insgesamt 18 Mio. Tonnen zusätzlicher CO2-Emissionen.
Im moderaten Klimaschutz-Szenario führen bereits relativ gemäßigte Annahmen, welche die Wirtschaftlichkeit der Lausitzer Kraftwerke nicht in Frage stellen, dazu, dass eine Inanspruchnahme der Vorbehaltsgebiete vor 2050 völlig unnötig wird. Gleichzeitig wird die zeitnah geplante Inanspruchnahme der geschützten Naturlandschaft „Lacomaer Teiche“ vermieden und der Kohlendioxidausstoß kann deutlich gesenkt werden. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen sind:

  • eine geringe Auslastung der relativ ineffizienten 500-MW-Blöcke;
  • eine stärkere Beschränkung des Kraftwerks Jänschwalde auf Verstromung von Kohle des Tagebaus Jänschwalde;
  • eine vorrangige Verwendung von Kohle des Tagebaus Reichwalde;
  • ein langfristiger Verzicht auf Kohleverflüssigung.

Der Zubau weiterer Kraftwerke ab 2020 wird mit einer anderen Methodik betrachtet. Bei etwa gleich bleibend hoher Kohleförderung wie im Jahr 2005 wäre bis 2050 nicht nur die Inanspruchnahme beider Vorbehaltsgebiete, sondern auch weiterer Tagebaufelder und entsprechende Umsiedlungen notwendig.

Pläne zur Ansiedlung großtechnischer Anlagen zur Kohleverflüssigung (CtL) würden diesen Effekt deutlich verstärken und ggf. zum Aufschluss eines weiteren Tagebaus führen. CtL ist zudem vor dem Hintergrund der klimapolitischen Erfordernisse äußerst kritisch zu betrachten, da sie gegenüber Mineralöl zu etwa 2,8fach höheren CO2-Emissionen führt.

Die Studie kommt daher zu dem Ergebnis, dass eine Inanspruchnahme der Vorbehaltsgebiete der Tagebaue Welzow-Süd und Nochten für den jetzigen Kraftwerkspark nicht erforderlich ist bzw. erst entschieden werden kann, wenn Technologie und Dimension des Kraftwerksparks nach 2020 ebenfalls entscheidungsreif sind. Hier spielt die Diskussion um Kraftwerkstechnologien mit CO2-Abscheidung eine Rolle, deren Anwendbarkeit für die Lausitz jedoch nicht vor 2015 bewertet werden kann.

Studie downloaden