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Strafrechtsprofessoren haben Recht: Evaluierung der Drogenpolitik ist dringend notwendig!

Im Wortlaut von Frank Tempel,

Von Frank Tempel






Im November 2013 verabschiedeten 106 Strafrechtsprofessorinnen und -professoren eine Resolution an die Abgeordneten des Deutschen Bundestags zur Überprüfung der Wirksamkeit des Betäubungsmittelgesetzes in Deutschland.

Etwa 40 Prozent aller Strafrechtsprofessorinnen und -professoren in Deutschland haben die Resolution bisher unterschrieben. Das ist beeindruckend, aber zugleich wenig überraschend. Die repressive Drogenpolitik steht im eklatanten Widerspruch zu ihren eigentlichen Zielen. Das Ziel des Gesundheitsschutzes konnte durch das Verbot bestimmter Drogen nicht erreicht werden. Es ist auch weder ein maßgeblicher Einfluss auf die Nachfrage, noch auf das Angebot von Drogen nachgewiesen. Im Gegenteil – alle Daten sprechen gegen eine Wirksamkeit.
 

Verbot füllt Kassen der Drogenmafia

Umso absurder ist die rechtliche Begründung für die Strafverfolgung von Drogenkonsumierenden. Die einzelnen Konsumierenden schädigen keine anderen Menschen, sondern höchstens sich selbst. Die Verfolgung wird daher mit den gesamtgesellschaftlichen Folgen begründet, die Drogenkonsum und -handel nach ziehen. Doch diese Folgen entstehen zu wesentlichen Teilen gerade durch das Verbot: Förderung eines Schwarzmarktes, nicht kontrollierbare Drogenqualität, sozialer Abstieg von Abhängigen, Verquickung der Szene mit anderen Bereichen der organisierten Kriminalität, etwa mit dem Menschenhandel. Auch eine wirksame Präventionspolitik wird durch die Nulltoleranz-Strategie zumindest erheblich erschwert.

Die Bundesregierung verwendet zweierlei Maß für die Regulierung, was etwa bei Alkohol und Cannabis mit den Gesundheitsgefahren nicht begründet werden kann. Nach vorsichtigen Schätzungen werden in Deutschland zwischen 595 Millionen und 1,19 Milliarden Euro jährlich in die Kassen der Drogenmafia gespült.

Gleichzeitig kostet die bisherige Verbotspraxis die öffentliche Hand circa eine Milliarde Euro pro Jahr. Tausende Polizeibeamte werden täglich damit beschäftigt, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz festzuhalten, wobei die meisten dieser Verfahren nach kurzer Zeit aufgrund der landesspezifischen Regelungen zur geringen Menge, so zumindest bei Cannabis, wieder durch tausende Justizbeamte eingestellt werden. Für einige Konsumierende geht es aber dabei nicht so glimpflich aus. So werden beispielsweise in Bayern oder Thüringen selbst Kleinstmengen an Cannabis regelmäßig staatsanwaltlich verfolgt.
 

Bisherige Drogenpolitik grundlegend überprüfen

Die Bundesregierung lässt hingegen bei den legalisierten Drogen große Nachsicht walten. So wurde bis heute die WHO-Tabakrahmenkonvention, die von der Bundesregierung bereits 2004 unterzeichnet wurde, nicht vollständig umgesetzt. Während Unionsvertreter im Bundestag im Bereich von Cannabis und anderen illegalisierten Drogen vor allem auf das Mittel der Repression setzen, sprechen sie in der aktuellen Dopingdebatte von der Eigenverantwortung der Sportlerinnen und Sportler und die schlimmen Folgen einer Strafverfolgung für den Einzelnen.

Die doppelten Standards sind in der bisherigen Drogenpolitik in Deutschland leicht erkennbar. Es ist dringend notwendig, die bisherige Drogenpolitik grundlegend zu überprüfen, ähnlich wie in Portugal bereits vor 10 Jahren geschehen. Die Fraktion DIE LINKE wird daher einen entsprechenden Antrag im kommenden Jahr in den Deutschen Bundestag einbringen und dabei auch auf die Resolution der Strafrechtsprofessorinnen und Strafrechtsprofessoren sowie auf unsere Fachtagung in der letzten Legislatur Bezug nehmen.

linksfraktion.de, 17. Dezember 2013