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Stoppt das Geschäft mit dem Geschäft!

Im Wortlaut von Jan Korte,

DIE LINKE hat jetzt beantragt, dass auf allen öffentlich zugänglichen Rastanlagen der Bundesautobahnen und Bahnhöfen Toiletten vorhanden sind und für die Nutzer unentgeltlich zur Verfügung stehen. “Was an Flughäfen, in Kaufhäusern und Restaurants in der Regel der Normalzustand ist, sollte auch für Bahnhöfe und Raststätten gelten”, fordert Jan Korte. Nachdem 1998 die bundeseigene Raststättenbetreiberin Tank&Rast privatisiert wurde, hat ihre 2003 gegründete Tochter Sanifair weistestgehend das Monopol auf Raststättentoiletten.

Foto: Federico Gambarini/dpa

 

 

Von Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

 

Wenn die Verkehrsinformationen nach den Nachrichten im Radio einen Stau nach dem anderen ansagen, ist Reisezeit. Die Alternative zum kollektiven Schleichverkehr im Auto ist die Bahn, allerdings mit dem Risiko überfüllter Wagen und ausgefallener Klimaanlagen. Der später vom SDS kopierte Spruch der Deutschen Bundesbahn, „Alle reden vom Wetter – Wir nicht“, entbehrt seit der Bahnprivatisierung jeder Grundlage. Auch die Raststätten an den Autobahnen wurden privatisiert. 1998 wurde die bundeseigene Tank&Rast privatisiert, bekannter, weil wir alle ihre “Visitenkarten” im Portemonnaie oder Auto liegen haben, ist ihre 2003 gegründete Tochtergesellschaft Sanifair.

Sowohl bei den Bahnhofsbetreibern als auch auf den Raststätten ist mit der Privatisierung auch der Bezahlzwang für die Toilettennutzung eingeführt worden. 70 Cent bezahlt man auf Raststätten, bis zu einen Euro in Bahnhöfen. Für manche sind das bezahlbare „Peanuts“, die erst dann lästig werden, wenn nicht das passende Kleingeld da ist. Für eine vierköpfige Familie auf der Reise kommen aber fast drei Euro in einer Pause zusammen. Und der Geruch um manche Bahnhöfe herum oder an den Parkplätzen der Autobahnen macht noch deutlicher, dass viele den Euro für andere Dinge benötigen, als ihn dafür herzugeben, in Würde ihr Geschäft zu verrichten.

Wir haben nun im Bundestag den Antrag gestellt, einen Gesetzentwurf vorzulegen oder geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass auf allen öffentlich zugänglichen Rastanlagen der Bundesautobahnen und auf allen öffentlichen Bahnhöfen Toiletten vorhanden sind und für die Nutzerinnen und Nutzer unentgeltlich zur Verfügung stehen.

Dem Gewinn, den wenige aus dem unfairen Geschäft mit dem Geschäft ziehen, stehen die Verluste aller anderen Beteiligten gegenüber. Verlierer sind nicht nur die zahlenden Nutzerinnen und Nutzern sowie die Ausgesperrten, sondern auch die Kommunen, die für die Umgebung der Bahnhöfe zuständig sind und die Länder, die für die Reinigung des Großteils der Autobahnparkplätze verantwortlich sind.

Eine Wahl haben „Kunden“ von Sanifair und Co. nicht: Das menschlichste aller Bedürfnisse kann nicht aufgeschoben werden. Der Bezahlzwang trifft im Alltag vor allem viele ältere Menschen und Familien mit Kindern. Das alleine sollte Grund genug sein, auf Bezahlschranken an Toilettenanlagen von Orten mit Publikumsverkehr zu verzichten, bei gleichbleibender Qualität. Was an Flughäfen, in Kaufhäusern und Restaurants in der Regel der Normalzustand ist, sollte auch für Bahnhöfe und Raststätten gelten. Auch in Zeiten, in denen Patienten, Studierende, Fußballfans oder Behördenbesucherinnen als Kunden bezeichnet werden: Wer auf‘s Klo muss, den sollte selbst der Kapitalismus einfach drauf lassen.