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Eine Yacht schwimmt im Meer vor einer Insel in Form eines Euro-Symbols © iStock/Mihai Maxim

Steuerhinterziehung von Reichen im Ausland enttarnen und wirksamer bekämpfen

Nachricht von Fabio De Masi,

Viele reiche Deutsche lagern ihre Milliarden im Ausland. Der steuerliche Informationsaustausch hat jedoch große Lücken. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Fabio De Masi, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE.

Im Jahr 2019 haben Deutsche laut ausländischen Behörden mehr als 526 Milliarden Euro auf Auslandskonten geparkt. An den Zahlen ist erkennbar, dass viele reiche deutsche Individuen und Firmen erhebliche Geldvermögen in Steueroasen wie Luxemburg und den Niederlanden parken. Es ist besorgniserregend, dass Länder wie das Vereinigte Königreich, Isle of Man oder Bermuda der Veröffentlichung der Daten nicht nachkommen. Dieses Jahr sogar noch mehr als bei unserer vorherigen Anfrage. So verhindern sie Transparenz und schützen Steuerkriminelle.

Fabio De Masi: „Der internationale Informationsaustausch erhöht das Entdeckungsrisiko superreicher Steuersünder. Doch es gibt weiterhin erhebliche blinde Flecken. Die USA sind eine enorme Volkswirtschaft und der größte Finanzplatz der Erde und trotzdem sind sie das schwarze Loch beim steuerlichen Informationsaustausch. Die Vereinigten Staaten liefern seit Jahren weniger Daten als sie von anderen Ländern bekommen. Diesmal verweigern noch mehr Länder die Offenbarung der Daten. Meine frühere Anfrage zeigte, dass 133 Milliarden Euro von Deutschen auf Schweizer Bankkonten liegen. Diesmal wollte die Schweiz die Daten für 2019 nur unter Geheimhaltung melden. So verhindern diese Staaten Transparenz und schützen Steuerkriminelle.

Nicht nur Inselstaaten sind beliebte Steueroasen. Die Volumina, die mit den Niederlanden oder Luxemburg ausgetauscht werden und im Verhältnis zur Wirtschaftskraft sehr hoch sind, zeigen, dass einige EU Steueroasen Milliardäre und Multimillionäre anziehen, wie das Licht die Motten. Der Informationsaustausch ist daher eine Voraussetzung, aber kein Ersatz für die Schließung von Steuerschlupflöchern. Die von Finanzminister Olaf Scholz gefeierte globale Mindeststeuer für Unternehmen wird daran wenig ändern, da sie die Besteuerungshöhe kaum anhebt und die Verteilung der Besteuerungsrechte umstritten bleibt. Außerdem verlagern weiterhin reiche Privatpersonen ihr Vermögen in Niedrigsteuerländer.“

Seit einigen Jahren nimmt Deutschland Teil an internationalen Vereinbarungen zum automatischen Austausch von steuerlichen Informationen zwischen Finanzverwaltungen. Diese Anfrage ist eine Fortsetzung unserer Anfrage Drs. 19/19985, die Daten für 2016 bis 2018 erfragte. Der Informationsaustausch soll dabei helfen, Steuerhinterziehung von Reichen im Ausland und Steuertricks von Konzernen zu enttarnen und wirksamer zu bekämpfen. Die Behörden teilen Informationen zu Geldvermögen auf Bankkonten, aber auch z. B. Erträge wie Zinsen und Dividenden, die Deutsche im Ausland oder ausländische Steuerpflichtige in Deutschland erhalten. Auch die wirtschaftlichen Kennzahlen und Steuerdeals von internationalen Konzernen werden ausgetauscht – oder zumindest Teile davon. Denn genau hier hakt es: nicht alle Daten werden übermittelt. Die Vereinigten Staaten liefern permanent weniger Daten als sie erhalten. Die Anzahl und Daten und die Höhe der Summen sind im Vergleich zu der Wirtschaftskraft der USA zu niedrig.

Ergebnisse im Einzelnen:

  • Die USA übermitteln auch 2019 viel weniger Daten an Deutschland als sie von Deutschland erhalten (Fragen 1-4). Die unzureichende Einhaltung der Gegenseitigkeit bei der Datenübermittlung seitens der USA wurde mehrmals von NGOs und sogar der OECD aufgezeigt. Die USA sind nicht zur Übermittlung von Kontosalden verpflichtet, sodass nur die Anzahl der Konten, aber nicht die Höhe der Kontostände ersichtlich ist, was so gut wie überhaupt nicht zur Transparenz beiträgt (Anlage 4).

  • Im Vergleich zu anderen, viel kleineren Ländern ist die Anzahl der Übermittlungen von Konten aus den USA an Deutschland relativ gering, was nicht der wirtschaftlichen Realität zu entsprechen scheint (Anlagen 3 und 5).

  • Mehr Länder als letztes Jahr haben bei dieser Abfrage die Offenbarung der Daten abgelehnt, was ein Rückschritt in Transparenz bedeutet. Bei unserer letzten Anfrage (Drs. 19/19985) hatten Aserbaidschan, das Vereinigte Königreich, Bermuda und die Kaimaninseln die Kontendaten nur als geheim eingestuft zugesandt. Bei der jetzigen Anfrage nach Daten für 2019 waren auch Belgien, Japan und die Schweiz gegen eine Veröffentlichung. Die Steueroase Kaimaninseln liefert für 2019 erstmals Daten öffentlich: 8,5 Mrd. Euro halten deutsche Firmen und Privatpersonen auf Konten in dieser Steueroase. Isle of Man (ebenfalls eine bekannte Steueroase), Kanada, und Südkorea widersetzten sich bereits bei der letzten Anfrage komplett der Offenbarung der Daten: nicht einmal in der Geheimschutzstelle des Bundestags konnten Parlamentarier diese einsehen. Dieses Jahr verweigerten auch Bahrain, San Marino und die Türkei die Offenbarung der Daten von 2019 (Anlagen 5 und 6).

  • Insgesamt wurden deutsche Kontosalden im Ausland für 2019 auf 526 Mrd. Euro beziffert, während es für das Vorjahr 590 Mrd. Euro waren (Anlage 6 der Drs. 19/19985). Zumindest ein Teil dieses Rückgangs der gemeldeten Salden, könnte sich erklären, weil die Schweiz bei dieser Anfrage die Daten nicht öffentlich bekanntgeben wollte. Bei unserer letzten Anfrage meldete sie mehr als 133 Milliarden von Deutschen auf Schweizer Bankkonten für das Jahr 2018 (Drs. 19/19985). Angenommen, die Summe der Banksalden in der Schweiz ist von 2018 auf 2019 nicht stark gesunken, würde das bedeuten, dass Deutsche im Ausland (inkl. der Schweiz) insgesamt über 650 Mrd. Euro bunkern könnten.

  • Deutsche Privatpersonen und Unternehmen haben 2019 im Ausland Erträge (Zinsen, Dividenden, usw.) von fast 490 Mrd. Euro erhalten, was im Verhältnis zu den Kontosalden von knapp 526 Mrd. überraschend viel ist. (Anlage 6).

  • Spitzenreiter im Jahr 2019 ist Luxemburg, wo Deutsche knapp 117 Mrd. Euro auf Konten halten. Lichtenstein, Guernsey und Kaimaninseln sind ebenfalls beliebte Ziele für deutsche Vermögen (Anlage 6). Die im Vergleich zur Wirtschaftskraft und Bevölkerung unverhältnismäßig große Anzahl der übermittelten Kontenstände und die Höhe der Kontosalden in diesen Staaten – und auch in den Niederlanden - deutet auf die Verlagerung von Vermögen in diese Länder zum Zweck der Steuervermeidung hin. Ein paar Beispiele werden unten gezeigt. Die Situation ist insbesondere deshalb besorgniserregend, weil Luxemburg und die Niederlande EU-Mitgliedstaaten sind und daher dem Europäischen Binnenmarkt angehören. Allerdings zeigen diese Zahlen auch den Wert des Informationsaustausches, der für eine Besteuerung der Vermögen als Grundlage genommen werden könnte (Anlagen 5 und 6).

Anschauliche Daten:

Staat

Einwohnerzahl 2019

In diesem Staat von Deutschen gehaltenes Geld (2019)

Luxemburg

620.000

116,9 Mrd.

Lichtenstein

38.000

11,9 Mrd.

Guernsey

63.000

11,9 Mrd.