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Sparpotenzial, Herr Minister!

Kolumne von Paul Schäfer,

Paul Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Der Finanzminister sagt, es müsse gespart werden - und zumindest was die Bundeswehr betrifft, hat er damit ausnahmsweise Recht. Das sieht man sogar im Verteidigungsministerium ein und lässt den Minister Sparvorschläge präsentieren: Standorte sollen zusammengelegt, kleinere Kasernen geschlossen und Personal vom Stabsdienst in Kampftruppen umgeschichtet werden. Eine Milliarde Euro soll das jährlich bringen. Das entspricht derzeit etwa drei Prozent des Etats. Der größte Kostentreiber aber, daran lässt Verteidigungsminister zu Guttenberg keinen Zweifel, soll unangetastet bleiben - Ausrichtung der Bundeswehr auf weltweite Militärinterventionen.

Schon für die unmittelbaren Kosten der Auslandseinsätze veranschlagt das Verteidigungsministerium im aktuellen Haushalt rund eine Milliarde Euro. Werden die Auslandseinsätze beendet, ist das Sparziel erreicht. Eine grundsätzliche Abkehr von der Idee der weltweiten Interventionsfähigkeit birgt allerdings enorme Sparmöglichkeiten auch auf anderen Feldern.

Da ist zunächst die Personalstärke zu nennen. Immerhin machen die Personalkosten den mit weitem Abstand größten Teil des Verteidigungshaushaltes aus. Die Bundeswehr hat derzeit rund 7500 Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz. Gemessen an der Gesamtstärke von rund 250000 klingt das zunächst nicht nach viel, aber diese Soldaten müssen regelmäßig abgelöst werden. Das bedeutet, dass die Bundeswehr allein für die Auslandseinsätze ein Vielfaches des tatsächlich entsendeten Personals vorhalten muss. Diese Soldaten müssen zudem für ihre Einsätze ausgebildet, transportiert, versorgt, verwaltet und nicht zuletzt geführt werden. Auch im Inland sind so einige tausend Soldaten mittelbar mit Auslandseinsätzen beschäftigt. Sparpotenzial, Herr Minister!

Auch die Rüstungsausgaben werden durch die angestrebte Auslandseinsatzfähigkeit in die Höhe getrieben: Weil die Bundeswehr Panzer und Hubschrauber schnell auch in weit entfernte Einsatzgebiete verlegen können will, soll der Airbus A400M angeschafft werden. Kosten: Mindestens neun Milliarden Euro. Weil sie auch in entlegenen Seegebieten operieren will, sollen neue Fregatten und Versorgungsschiffe gekauft werden. Kosten: Mindestens zweieinhalb bis drei Milliarden Euro. Weil sie die Bodentruppen im Auslandseinsatz besser aus der Luft unterstützen will, sollen neue Hubschrauber für Transport und Kampf her. Kosten: Mindestens acht Milliarden Euro. Und so geht das weiter, mit gepanzerten Einsatzfahrzeugen, Raketenabwehrsystemen, Schützenpanzern. Sparpotenzial, Herr Minister!

Ein Schlussstrich unter die aktuellen Auslandseinsätze und der Verzicht auf künftige ist indessen nicht nur haushaltspolitisch sinnvoll und friedenspolitisch geboten, sondern auch verfassungsrechtlich klug. Das Grundgesetz sagt in Artikel 87: „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.“ Es sagt nicht: Der Bund stellt Streitkräfte auf, um die völkerrechtswidrige Abspaltung von Balkanprovinzen zu unterstützen, am Hindukusch korrupte Regierungen an der Macht zu halten und vor der afrikanischen Küste Handelsrouten zu sichern. Und entgegen der jüngst geäußerten Auffassung des jetzt zurückgetretenen Bundespräsidenten sagt es schon gar nicht: Der Bund stellt Streitkräfte auf, um die Außenhandelsinteressen Deutschlands durchzusetzen. Eine weitere Konzentration auf die Auslandseinsatzfähigkeit, wie sie Verteidigungsminister zu Guttenberg vorschwebt, ist daher nicht nur auf der Kostenseite eine unbefriedigende Lösung. Sie stellt auch die Legitimität der Bundeswehr als Ganzes in Frage.

Den halbherzigen Sparideen des Verteidigungsministers hat die Fraktion DIE LINKE den Vorschlag entgegengestellt, den Verteidigungshaushalt jährlich um 10 Prozent zu kürzen. Konkrete Anregungen dazu liegen auf dem Tisch. Herr Minister, übernehmen Sie!