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Soziale Mogelpackung

Im Wortlaut,

Von Sabine Zimmermann

Lange Zeit blieb es bei Schwarz-Gelb im Bereich der Arbeitsmarktpolitik ruhig. Anders als in der Finanz- und Steuerpolitik, wo Union und FDP Milliardenausfälle für die öffentliche Hand organisierten, blieben hier klare Entscheidungen aus. Entgegen den Erwartungen der Opposition gab es keine größeren Einschnitte. Im Gegenteil: Die Kurzarbeiterregelung wurde sogar verlängert.

Radikaler Umbau der Arbeitsmarktpolitik

Damit ist es nun vorbei. Union und FDP haben im Haushaltsausschuss 900 Millionen Euro gesperrt. Das ist ein klares Zeichen. Die Bundesagentur warnt: Rund 100 Jobcenter könnten in der zweiten Jahreshälfte finanziell nicht mehr handlungsfähig und bis zu 10 000 Mitarbeiter in Jobcentern von den möglichen Einsparungen betroffen sein.

Unabhängig davon, ob die Sperre aufgehoben wird oder nicht: Vor der richtungsweisenden Wahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai hat die schwarz-gelbe Regierung die Katze schon ein Stück weit aus dem Sack gelassen. Sie will die Arbeitsmarktpolitik im Sinne der Agenda-2010-Politik radikal umbauen. Das heißt Geld einsparen, Zwangsmaßnahmen und Ein-Euro-Jobs ausbauen.

Dieser neue Kurs kündigte sich mit den Haushaltsberatungen bereits seit dem Jahresbeginn an. Konkret: Obwohl die Zahl der Arbeitslosen steigt, friert Schwarz-Gelb die sogenannten Eingliederungsmittel für Hartz-IV-Bezieher auf dem Vorjahresniveau von 6,6 Milliarden Euro ein - Gelder, mit denen Umschulungen oder öffentlich geförderte Beschäftigung finanziert werden. Noch schlimmer sieht es beim Haushalt der Bundesagentur für Arbeit aus. Hier werden die Eingliederungsmittel für die Arbeitslosengeld-I-Bezieher sogar gekürzt, um 220 Millionen auf 4,26 Milliarden Euro.

Zudem hat das Bundesarbeitsministerium - weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit - durch eine neue Verordnung die Vergabe der Arbeitsmarktgelder für das Jahr 2010 so organisiert, dass Ansätze zur Errichtung eines öffentlichen Beschäftigungssektors, etwa in Berlin, torpediert werden. Ausgerechnet die Jobcenter, die mit öffentlichen Mitteln viele neue Arbeitsplätze schufen, erhalten nun weniger Geld als im Vorjahr. Das Motiv ist klar: Es soll in der aktiven Arbeitsmarktpolitik keine Alternative zu den unsäglichen Ein-Euro-Jobs geben.

Die Kürzungen sind erst der Anfang

Mit dem Haushalt 2010 gibt Schwarz-Gelb also eine klare Richtung vor. Wir sollten nicht naiv sein: Das ist erst der Anfang. In ihrem Koalitionsvertrag haben sich Union und FDP verpflichtet, die Arbeitsmarktinstrumente zu reduzieren. Unter dem Logo »Bürgerarbeit« droht im nächsten Jahr eine Ausbreitung der Ein-Euro-Jobs mit Arbeitszwang.

Die LINKE dagegen will eine andere Arbeitsmarktpolitik: Weg von Zwang und Billigmaßnahmen, hin zu ordentlich finanzierter und nachhaltiger Förderung. Wir wollen die berufliche Weiterbildung stärken und setzen auf den Ausbau eines öffentlichen Beschäftigungssektors, mit sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, tariflich bezahlt und zu Mindestlohnbedingungen, freiwillig und zusätzlich. Die Arbeitsmarktpolitik ist eine zentrale Säule des Sozialstaates. Gerade in der Krise gilt es diesen zu stärken.

Neues Deutschland, 16. März 2010