Von Klaus Ernst, Vorsitzender der Wirtschaftsausschusses des Bundestages und wirtschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion
Deutschland und die anderen EU-Staaten müssen sich wehren, wenn US-Senatoren hiesigen Firmen Sanktionen androhen.
Anfang August haben drei US-Senatoren einer Firma, die der Stadt Sassnitz und dem Land Mecklenburg-Vorpommern gehört, die „Zerstörung ihrer wirtschaftlichen Lebensfähigkeit“ angedroht. Auch der Bürgermeister von Sassnitz, Frank Kracht, gerät als Gesellschafter ebenjener Hafenbetriebsfirma ins Visier der Politiker, die ihren Brief als „rechtlichen Hinweis“ verstanden wissen wollen.
Das Bundesland, die Stadt und ihr gewähltes Oberhaupt sollten sich in dieser Logik besser an US-amerikanisches statt an deutsches Recht halten. Dieses Vorgehen gegen Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland lässt zweifeln, ob die USA noch an einem freundschaftlichen Verhältnis interessiert sind.
Vielmehr erinnert das an Schutzgelderpressung: Die USA behaupten, sie wollten uns schützen (vor russischem Erdgas und Einfluss). Wir sollen lieber teureres US-Fracking-Gas kaufen. Wenn wir den Schutz (und das US-Erdgas) aber nicht annehmen, dann drohen sie mit Zerstörung von Teilen unserer Wirtschaft.
Es wäre eine große Erleichterung, könnte dieser Brief als eine Verirrung einiger Hinterbänkler abgetan werden. Leider liegt die Sache anders. Alle drei sind einflussreiche Senatoren, die eng an der Seite Donald Trumps stehen. Viele US-Politiker folgen dem Argument, Erdgaslieferungen aus Russland würden Europa an Putins Regime ketten und dieses obendrein mit Geld für seine Kriegstreibereien versorgen.
Dazu kommt, dass die Öl- und Gasindustrie in den USA traditionell politisch sehr stark ist. Texas zum Beispiel, Heimatstaat des Republikaners Ted Cruz, lebt vom Fracking. Die Industrie spendete dem Senator allein in dieser Wahlperiode 1,6 Millionen US-Dollar. So verbindet sich historische Kalte-Kriegs-Rhetorik mit handfesten wirtschaftlichen Interessen. Eine Opposition dagegen gibt es kaum. Einfach darauf zu hoffen, dass Trump im Herbst abgewählt wird, wird uns in dieser Sache nicht weiterbringen.