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Solidarität statt Armut

Im Wortlaut von Sevim Dagdelen,

Von Sevim Dagdelen, MdB aus Bochum





Die letzten Tage haben deutlich gezeigt: Die Bundesregierung ist nicht bereit, auch nur einen Finger für den Erhalt von Opel Bochum zu rühren. Während Wirtschaftsminister Rösler allein das Management des Eigentümers General Motors (GM) als Schuldigen ausgemacht hat, ist klar: Opel ist das erste Opfer von Merkels Kürzungsdiktaten in der EU. Zum einen brechen dem Autohersteller die Märkte in Südeuropa weg, zum anderen hat das GM-Management Opel den Weg für den Export nach Asien verlegt. Jetzt droht das Aus. Nicht nur für die 3000 verbliebenen Opelaner in Bochum, sondern auch für 10000 Beschäftigte im Zuliefererbereich. Insgesamt sind im Ruhrgebiet rund 45000 Arbeitsplätze gefährdet.

Auch in der jüngsten Bundestagsdebatte beschworen alle Fraktionen außer der Linken den erfolgreichen Strukturwandel an Rhein und Ruhr. Die Realität sieht anders aus. Bereits jetzt wachsen in Städten wie Bochum, Herne, Dortmund oder Gelsenkirchen die Armutszonen. Erst jüngst hat der Paritätische Wohlfahrtsverband darauf hingewiesen, das ganze Ruhrgebiet drohe zu kippen. Was jetzt mit der Schließung von Opel Bochum durchgesetzt werden soll, reiht sich ein in eine lange Kette der Deindustrialisierung im Westen Deutschlands. Dafür stehen Firmennamen wie Nokia, Thyssen­Krupp Nirosta, Opel – stets sollten durch Massenentlassungen die Profite der Konzerne gesteigert werden. In der Öffentlichkeit wurde das durch Pressekampagnen, die diesen Zusammenhang verdecken sollten, flankiert. Die entsprechenden Unternehmen wurden als marode dargestellt und ihre Schließung als unabwendbar. Der Gipfel ist oft, daß die Entlassung der Beschäftigten als ökologisch sinnvolle Maßnahme bezeichnet wird. Bei SPD und Grünen hat diese Argumentation voll verfangen. Die beiden Parteien kämpfen nicht mehr um den Erhalt des Autowerkes, sondern streuen Sand in die Augen, indem sie von ökologischen Zukunftsplänen phantasieren. Die Realität aber ist: 2011 fuhr GM den größten Gewinn seit über 100 Jahren ein. Die Unternehmenspolitik besagt: GM schreibt schwarze Zahlen, weil es die roten Zahlen bei Opel gibt. Das weiß natürlich auch die Bundesregierung. Dennoch weigert sie sich, Verhandlungen mit der US-Seite aufzunehmen.

Gegen solche Mythen gilt es jetzt, Widerstand gemeinsam mit den Beschäftigten zu organisieren. Hier wird eine ganze Region dichtgemacht. Opel hat eine Chance, aber nur, wenn die Beschäftigten in ihrem Kampf gegen die GM-Profitlogik unterstützt werden. Und es geht um mehr: Es geht um die Solidarität mit den Menschen im Ruhrgebiet gegen einen Kapitalismus, der Armut und Zerstörung hinterläßt.

junge Welt, 17. Dezember 2012