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Snowden-Vernehmung dient dem Staatswohl

Im Wortlaut von André Hahn,

LINKE besteht auf Snowden-Vernehmung im Untersuchungsausschuss – Blockade der Regierung nicht hinnehmbar

 

Von André Hahn, für DIE LINKE Mitglied im NSA-Untersuchungsausschuss und im Parlamentarischen Kontrollgremium zur Aufsicht der Geheimdienste

Wenn der NSA-Untersuchungsausschuss an diesem Donnerstag zusammentritt, geht es vor allem um die Frage, ob der Auslöser des Skandals Edward Snowden als Zeuge vor den Ausschuss nach Berlin geladen wird, wie es die Opposition beantragt hat.

Die Entscheidung darüber hätte schon in der letzten Sitzung fallen müssen, aber die Vertreter der Koalition setzten mit ihrer Mehrheit eine Verschiebung der Beschlussfassung durch. Man wolle erst eine Stellungnahme der Bundesregierung einholen wolle, unter welchen Umständen den die Einreise Snowdens nach Deutschland möglich sei, wie er hier geschützt werden könnte und was der Umstand bedeutet, dass er wegen Geheimnisverrats von den USA strafrechtlich verfolgt wird und auch in Deutschland ein Auslieferungsersuchen der Amerikaner vorliegt. In Wahrheit ging es vor allem darum, dass der für Anfang Mai geplante Besuch der Bundeskanzlerin bei US-Präsident Barack Obama nicht durch eine Zeugenladung Snowdens überschattet wird. Das sind allerdings völlig sachfremde Erwägungen, zumal es ein gesetzlich garantiertes Minderheitsrecht der Opposition ist, Zeugenladungen auch gegen den Willen der Mehrheit durchsetzen zu können.

Jetzt liegt die Stellungnahme der Bundesregierung vor, und es wird klar: Die Regierung will eine Vernehmung des Whistleblowers Edward Snowden vor dem Ausschuss verhindern. Argumentiert wird im Kern damit, eine Befragung Snowdens in Berlin gefährde die guten Beziehungen zu den USA und Großbritannien. Vermeintliches Staatswohl wird gegen Grundrechtsschutz und Informationsfreiheit ausgespielt. Auf der Strecke bleibt die parlamentarische Aufklärung der massenhaften Überwachung sowie politischer und wirtschaftlicher Spionage. Ein unglaublicher Vorgang, wie meine Kollegin Martina Renner schon letzte Woche feststellte.

Für uns steht allerdings fest: Die Bundesregierung kann zwar ihre Position artikulieren, der Ausschuss ist aber zum einen völlig frei in seiner Entscheidung, und wir bestehen auf einer Vernehmung von Herrn Snowden hier in Berlin, zu der er sich ja auch ausdrücklich bereit erklärt hat, wenn ihm sicheres Geleit für die Anreise aus Russland oder auch ein Aufenthaltsstatus in Deutschland zugesichert wird.

Die Bundesregierung ist gesetzlich verpflichtet, die Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses des Bundestages zu unterstützen. Die Stellungnahme ist daher eine einzige Frechheit. Geradezu abenteuerlich ist der Umstand, dass die Bundesregierung eine amerikanische Anwaltskanzlei einschaltet, die dann gleich auch noch prüft, welche juristischen Folgen die Vernehmung Snowdens in Deutschland für die Mitglieder des Untersuchungsausschusses haben könnte. Das Gutachten warnt die deutschen Mitglieder des NSA-Untersuchungsausschusses unverhohlen davor, sich durch eine Befragung Snowdens womöglich strafbar zu machen.

Darüber hinaus bauen die Juristen eine Drohkulisse auf. Die deutschen Abgeordneten könnten sich demnach nicht mehr sicher sein, ob sie bei der nächsten US-Reise nicht vielleicht in Haft genommen werden. Die Immunität der Bundestagsabgeordneten werde möglicherweise in den USA anerkannt. Die Vereinigten Staaten seien "aber nicht dazu verpflichtet". Für mich ist das ein unerträglicher Versuch der Einschüchterung gewählter Volksvertreter, die einstimmig vom Deutschen Bundestag den Auftrag erhalten haben, die NSA-Affäre aufzuklären. Ich sage: Wir lassen uns von niemandem einschüchtern oder gar bedrohen.

Fakt ist: Der im Bundestag eingesetzte Untersuchungsausschuss ist denkbar schlecht gestartet. Das lässt auch für die kommenden Monate nichts Gutes erwarten. Wir werden dennoch darauf drängen, dass er seinem Auftrag gerecht wird, die NSA-Affäre umfassend aufzuklären und die flächendeckende Überwachung in Deutschland zu beenden.

Wenn die Koalition von CDU und SPD sowie die Bundesregierung weiterhin blockieren, werden wir dagegen notfalls auch juristisch vorgehen.

 

linksfraktion.de, 8. Mai 2014