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Sechs Fragen an Inge Höger

Im Wortlaut von Inge Höger,

41 der 76 Abgeordneten, die DIE LINKE im 17. Bundestag stellt, üben ihr Mandat bereits seit 2005 oder länger aus. Woran können sie anknüpfen? Wie wollen sie ihre Arbeit fortsetzen? Was wollen sie anders machen? linksfraktion.de fragt nach.


Inge Höger, 59, Diplom-Betriebswirtin aus Nordrhein-Westfalen

Welche Erfahrung, welches Ergebnis oder Ereignis hat Sie in den zurückliegenden vier Jahren besonders darin bestärkt, dass sich ihre Arbeit lohnt?

Am 9. Juli 2009 musste die Bundeswehr endgültig ihre Pläne aufgeben, die Kyritz-Ruppiner-Heide für die Vorbereitung weltweiter Kriege zu nutzen. In der idyllischen Landschaft werden nun weder der Abwurf von Atombomben noch Flächenbombardements oder das Zusammenspiel zwischen Luft und Landstreitkräften geübt werden. Dies war ein Erfolg, der nur möglich war, weil zahlreiche Gruppen, Bürgerinnen und Bürger vor Ort und aus dem ganzen Bundesgebiet, entschlossen Widerstand gegen das Projekt organisierten und mit unterschiedlichsten Mitteln dagegen kämpften. Das erfolgreiche Zusammenspiel zwischen inner- und außerparlamentarischer Opposition ermutigt dazu, auch an anderen Standorten gemeinsam gegen Krieg und Kriegsvorbereitung zu kämpfen.

Neue Wahlperiode, alte Kanzlerin: Mit welchen Erwartungen gehen Sie als Abgeordnete in die kommenden vier Jahre?

Leider ist auch in meinem Arbeitsfeld, dem Verteidigungsausschuss, wenig Gutes zu erwarten. Die schwarz-gelbe Koalition hat klar gemacht, dass sie beim Afghanistankrieg nicht an einen Ausstieg denkt, sondern unbeirrt am bisherigen Kurs festhalten wird. Das wird zu noch mehr Opfern unter den afghanischen ZivilistInnen, aber auch unter den deutschen SoldatInnen führen. Gleichzeitig ist damit zu rechnen, dass zum vermeintlichen Schutz der SoldatInnen im Einsatz immer mehr und immer teurere Rüstungsgüter gekauft werden sollen - obwohl tatsächlicher Schutz der SoldatInnen nicht technisch sondern nur politisch herstellbar ist: durch den Abzug aus Afghanistan.

Was wollen Sie im Bundestag anders oder besser machen als bisher?

Für mich sind die Erfahrungen der letzten Jahre in der parlamentarischen Arbeit, im Verteidigungsausschuss, aber auch in der Zusammenarbeit mit außerparlamentarischen Bewegungen eine gute Grundlage für die kommende Arbeit. Ich werde versuchen, in den nächsten Jahren noch intensiver als bisher die Entwicklungen im Bereich Militär und Rüstung nach außen transparent zu machen. Dabei liegt mir besonders der Zusammenhang zwischen Krieg und Sozialabbau am Herzen. Es ist wichtig, immer wieder zu thematisieren und zu skandalisieren, dass einerseits im Sozial- und Gesundheitsbereich wichtige Aufgaben nicht finanziert werden können, während gleichzeitig Milliarden in Kriegsgerät investiert werden.

DIE LINKE ist jetzt mit 76 Abgeordneten im Bundestag vertreten - 23 mehr als bislang. Was wird sich in der neuen Fraktion und für Sie als eines ihrer Mitglieder verändern?

Im Verteidigungsausschuss wird DIE LINKE nun mit vier statt bisher drei Abgeordneten vertreten sein. Das ist eine gute Grundlage für die - leider - immer wichtigere Oppositionsaufgabe, die DIE LINKE auch und gerade bei der gegenwärtigen Militärpolitik hat. Je größer die LINKE Fraktion ist, desto weniger wird es den Mainstream-Medien möglich sein, unsere Positionen zu ignorieren. Wir bemerken bereits jetzt, dass es einfacher wird, unsere Kritik an der Kriegspolitik der Regierung nach außen zu vermitteln, und dass das Interesse an unseren Argumenten wächst.

Warum ist Opposition nicht Mist?

Für zentrale Forderungen der LINKEN, wie Ausstieg aus Hartz VI oder Abzug der Truppen aus Afghanistan, gibt es auf Bundesebene keine parlamentarischen Bündnispartner - allein deswegen ist Opposition das Gebot der Stunde. Aufgabe einer LINKEN ist es, in der Opposition Druck für gesellschaftliche Veränderungen zu organisieren - innerhalb und außerhalb des Parlaments. Es ist langfristig sinnvoller in der Opposition für neue gesellschaftliche Mehrheiten und politische Alternativen zu kämpfen als in einer Koalition nur die bestehenden Missstände zu verwalten.

Wie können Sie als Abgeordnete dazu beitragen, dass die Bürgerinnen und Bürger selbst noch mehr für ihre Interessen streiten?

Opposition im Parlament ist umso erfolgreicher, je stärker außerparlamentarische Bewegungen für ihre Rechte streiten. Aufgaben von ParlamentarierInnen ist es, diesen Bewegungen auch im Parlament eine Stimme zu geben, ihre Forderungen ernst zu nehmen und so zu zeigen, dass es Alternativen zur herrschenden Politik gibt. So genannte Politikverdrossenheit wird verstärkt, wenn Programme und Inhalte unterschiedlicher Parteien austauschbar und verwechselbar werden. Wenn DIE LINKE mit dazu beitragen will, dass Menschen nicht demotiviert sondern motiviert werden, für Alternativen zu streiten, dann muss sie auch selbst ein klar erkennbares progressives, soziales, ökologisches und friedenspolitisches Profil zeigen. Dazu will ich in den nächsten vier Jahren mit meinen Kolleginnen und Kollegen in der Linksfraktion beitragen.