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Schluss mit dem Tanz um das goldene Kalb!

Kolumne von Klaus Ernst,

Von Klaus Ernst, Mitglied des Vorstandes der Bundestagsfraktion und Vorsitzender der Partei DIE LINKE
 

 

 

In ihrem Werk "Dialektik der Aufklärung" schrieben Theodor W. Adorno und Max Horkheimer, dass die Wissenschaft zu einem Mythos geworden sei, der heute einen genauso blinden Gehorsam erzeuge wie einst die Religion. Heute, mehr als sechzig Jahre später, bestätigt sich diese These insbesondere mit Blick auf die neoliberale Wirtschaftswissenschaft. Denn obwohl der Glaube an den freien Markt seit dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise erheblich leiden musste, werden seine Götzen noch immer angebetet.

So ist auch das Mantra "Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es allen gut" noch längst nicht aus den Köpfen verschwunden. Seit Jahren werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit dieser schlichten Formel zu längeren Arbeitszeiten und Lohnverzicht angehalten. Dabei entbehrt sie jeglicher Grundlage.

Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigte bereits Ende 2011, dass die Reallöhne in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt um mehr als vier Prozent gesunken sind. Und erst vor wenigen Tagen gab das Statistische Bundesamt bekannt, dass die Reallöhne der Deutschen - trotz wirtschaftlichem Aufschwung - auch 2011 geringer ausfielen als noch im Jahr zuvor.

Tatsächlich läuft es also folgendermaßen: Wenn es der Wirtschaft schlecht geht, sollen die Beschäftigten den Gürtel enger schnallen. Und wenn es der Wirtschaft dann wieder gut geht, sollen sie sich ebenfalls zurücknehmen, damit das auch so bleibt. Der Mehrheit der Menschen geht es folglich immer schlechter, unabhängig davon, wie es der Wirtschaft geht.

Geringverdiener sind von den sinkenden Reallöhnen besonders betroffen. Das untere Fünftel der abhängig Beschäftigten musste in den letzten zehn Jahren Lohneinbußen von etwa 20 Prozent hinnehmen. Infolge der rot-grünen Agenda 2010 hat sich der Niedriglohnsektor seit Mitte des letzten Jahrzehnts massiv ausgeweitet. Die Zahl der Leiharbeiter hat sich seither verdreifacht, auf mittlerweile fast eine Million Menschen. Jeder siebte Leiharbeiter verdient so wenig, dass er trotz Arbeit Hartz IV beziehen muss.

Eine in der letzten Woche vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) veröffentlichte Untersuchung hat darüber hinaus ergeben, dass inzwischen jeder vierte Arbeitslose direkt in Hartz IV fällt. Auch das hängt unmittelbar mit der Etablierung der Leiharbeit zusammen, denn wegen der instabilen Beschäftigungsverhältnisse können Leiharbeiter oftmals nicht die Voraussetzungen für den Bezug von ALG I erfüllen. So rutschten 45,2 Prozent der Leiharbeiter, die 2011 ihre Stelle verloren, direkt in Hartz IV.

Der Rattenschwanz dieser Entwicklung ist abzusehen. Denn Niedriglöhne führen auf lange Sicht nicht nur zur weiteren Destabilisierung der sozialen Sicherungssysteme, sondern auch zu Altersarmut. Wegen der hohen Inflationsrate verfügen die Rentnerinnen und Rentner in diesem Land schon jetzt über neun Prozent weniger Rente als noch acht Jahre zuvor. Die Arbeitsmarktpolitik der letzten Jahre wird diese Tendenz erheblich verstärken.

Auch wenn die zunehmende Verarmung breiter Teile der Bevölkerung schleichend erfolgt, ist sie mehr als offensichtlich. Es bleibt nicht ohne Folgen, dass CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne - sobald sie in der Regierung sind - wirtschafts- und fiskalpolitisch stets um das selbe, goldene Kalb tanzen: Steuerentlastungen für Großkonzerne und Superreiche auf der einen, Sozialabbau, Privatisierung öffentlicher Güter, Lohn- und Rentenkürzungen auf der anderen Seite. Nur deshalb stellt sich die Soziale Frage in der Bundesrepublik heute so dramatisch wie nie.

Und nur DIE LINKE beantwortet sie im Interesse der Bevölkerung: Die Einführung eines Mindestlohns von zehn Euro pro Stunde, das Nein zur Rente mit 67, die strikte Regulierung der Finanzmärkte und eine Schuldenbremse, die durch eine Millionärssteuer finanziert wird. So lauten die Alternativen zu Niedriglohn und Leiharbeit, zu Altersarmut und Kürzungspolitik auf Kosten der Ärmsten.

Wer eine soziale Antwort auf die drängendsten Fragen unserer Zeit finden will, der darf sich nicht ins Second Life flüchten. Wer eine soziale Antwort will, der muss sein Kreuz bei der LINKEN machen, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, aber auch bei der nächsten Wahl zum Bundestag.