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Schlechte Realitäten ändern sich nicht durch Scheinlösungen

Im Wortlaut von Cornelia Möhring,

Von Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag


Die Hebammen-Schiedsstelle scheint sich mehr für die Kosten der Krankenkassen zu interessieren als sich um die Situation der Hebammen, der werdenden Mütter und der Geburtshilfe insgesamt zu scheren. Der Schiedsspruch kommt einer Kapitulation vor der katastrophalen Versorgungssituation gleich. Die Ausgangslage: Hebammen, die bis zu fünf Geburten gleichzeitig betreuen. Freiberufliche Hebammen, deren berufliche Zukunft aufgrund viel zu niedriger Vergütungen und viel zu hoher Haftpflichtprämien kurz vor dem Aus steht. Geburtshelferinnen, die Eltern davor warnen, Kinder im Frühling zu zeugen, weil Weihnachten die Geburtsstationen noch überlasteter seien. Reisewarnungen des Elternvereins „Motherhood e.V.“ für bestimmte Orte, weil dort eine gute Betreuung bei Geburten nicht gesichert sei. Frauen, die vor der Geburt in eine so genannte Boarding-Einrichtung fahren müssen, weil es keine Geburtsstation mehr in der Nähe ihres Wohnortes gibt. Dies zu ändern sollte oberste Priorität haben. Aber anstatt sich am Ziel einer qualitativ hochwertigen Geburtshilfe zu orientieren, wird die bisherige Mängelverwaltung zementiert.

Fehlende Anerkennung für eine gesellschaftlich notwendige Arbeit

Ein Problem ist die viel zu niedrige Vergütung für Leistungen von freiberuflichen Hebammen. Nun hat man sich auf eine 17-prozentige Erhöhung geeinigt. Was im ersten Moment ganz passabel klingt, entpuppt sich auf den zweiten Blick als Hohn: Weitere Erhöhungen der Vergütung werden bis 2020 einfach mal komplett ausgeschlossen. 17 Prozent von einer geringen Grundvergütung soll es geben – das ist halt noch immer nicht viel. Für die Wochenbettbetreuung wird die Vergütung damit auf 38 Euro erhöht. Durchschnittlich eine Stunde dauert diese Betreuung, hinzukommen Zeiten für Verwaltung und das Qualitätsmanagement. Das alles für 38 Euro brutto wohlgemerkt! Betriebliche Ausgaben und Sozialversicherungsabgaben muss eine Hebamme auch davon leisten. Anerkennung für eine gesellschaftlich so notwendige Arbeit sieht anders aus.

Dass die aufsuchende Wochenbettbetreuung damit zur Disposition steht, zeigt ein weiterer Beschluss der Schiedsstelle: Hausbesuche zur Geburtsnachsorge sollen in Zukunft durch eine ambulante Betreuung in Hebammenpraxen ersetzt werden. Nun könnte eingewendet werden: besser irgendeine Betreuung als gar keine. Aber, Hausbesuche haben einen besonderen Stellenwert in der Geburtsnachsorge. Durch eine Wochenbettbetreuung in der eigenen Wohnung soll zum Beispiel zu frühes Aufstehen der Wöchnerin oder andere Belastungen verhindert werden. Die Hebamme kann sich im Wohnumfeld ein viel genaueres Bild über die Bedingungen und den Gesundheitszustand von Mutter und Kind machen.

Hebammenberuf wieder attraktiver machen

Anstatt Lösungen zu präsentieren, die vollkommen an den Bedarfen der Frauen vorbei gehen, sollte besser alle Energie darauf verwendet werden, um mit gezielten Maßnahmen den Hebammenberuf wieder attraktiver zu machen.

Es gibt gute Vorschläge, wie der Hebammenberuf aufgewertet werden kann. DIE LINKE setzt sich für ein neues Berufsbild (siehe Antrag) ein: Hebammen sollen erste und wichtigste Ansprechperson für Schwangere sein und das muss sich auch in einer deutlich höheren Vergütung niederschlagen. Gegen den Personalmangel hilft vor allem: Eine gesetzliche Personalbemessung in Kliniken, ausgehend von dem Ziel einer Eins-zu-eins-Betreuung und eine verlässliche, ausreichende Finanzierung.