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Sachgrundlose Befristungen vor allem im Westen stark verbreitet

Nachricht von Jutta Krellmann,

Auswertung der Antwort auf die Kleine Anfrage von Jutta Krellmann (LINKE) „Befristete Arbeitsverhältnisse in den Bundesländern“, BT-Drucksache 18/2621  - Zahlenmaterial

Zusammenfassung:

Befristungen haben in den letzten 20 Jahren in allen Bundesländern deutlich zugenommen. Dies besonders im Westen. Hauptbetroffene sind Frauen.  

Der Anteil der sachgrundlosen Befristungen an allen Befristungen ist vor allem in westlichen Bundesländern überdurchschnittlich hoch. In Bremen, Hamburg, NRW und Bayern liegen sie bei über 50 Prozent. Dort sind also mehr als die Hälfte der befristeten Verträge ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes befristet. In NRW hat sich die Zahl der sachgrundlosen Befristungen von 2001 bis 2013 vervierfacht. Die Situation in den Ländern divergiert.  So ist der Anteil der befristeten Beschäftigten in Berlin ungefähr doppelt so hoch wie in Bayern.

In fast allen Bundesländern sind Frauen und junge Beschäftigte von 15-24 Jahren am stärksten betroffen. Betrachtet man die Anteile der befristeten Neueinstellungen an allen Neueinstellungen wird deutlich, dass auch hier die Anteile bei Frauen höher als bei Männern sind und in acht Bundesländern bei über 50 Prozent liegen. Das bedeutet, dass dort mehr als jede zweite Neueinstellung von Frauen nur befristet erfolgt. So ist die Branche „Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung“- mehrheitlich von Frauen besetzt- Spitzenreiter bei Befristungen.

Deutliche Unterschiede bei der Entwicklung der Zahl der befristet Beschäftigten gibt es zwischen Ost- und Westdeutschland, wenn man die Zeitspanne von 1996 bis 2013 betrachtet: Während man 1996 im Osten bereits höhere Anteile von befristet Beschäftigten (an allen Beschäftigten) hatte, dann aber in einigen Bundesländern die Zahl sogar gesunken und die Anteile nicht weiter angestiegen sind, waren die Anteile in den West-Bundesländern 1996 zwar niedriger, dafür ist die Zahl der befristet Beschäftigten bis 2013 aber zum Teil enorm angewachsen. In Hessen und Bremen hat sich die Zahl der befristet Beschäftigten vervierfacht, in NRW fast verdreifacht.

„Befristungen haben in Deutschland in allen Bundesländern Hochkonjunktur", sagt dazu Jutta Krellmann, Sprecherin für Arbeits- und Mitbestimmungspolitik der Fraktion DIE LINKE. "Arbeitgeber nutzen sie gezielt, um Beschäftigte auszubremsen. Wer unbequem ist und seine Rechte einfordert, läuft Gefahr, nicht weiterbeschäftigt zu werden. Unbefristete Arbeitsverhältnisse müssen wieder zur Regel werden.“

Ergebnisse im Einzelnen:

  • Anteile von befristeten Arbeitsverträgen an der betrieblichen Gesamtbeschäftigung in den Ländern im Jahr 2013:

vergleichsweise hoch sind die Anteile in Berlin (11,7 Prozent), in Brandenburg (10 Prozent), in Bremen (9,4 Prozent) und in Mecklenberg-Vorpommern (9,1 Prozent);

vergleichsweise niedrig sind sie in Bayern (5,7 Prozent), in Schleswig-Holstein (6,7 Prozent) und in Sachsen (6,8 Prozent) (vgl. Antwort auf Frage 1).

  • Die Anteile von befristeten Arbeitsverträgen an der betrieblichen Gesamtbeschäftigung sind bei Frauen in allen Bundesländern außer in Bremen und Brandenburg höher als bei Männern (vgl. Antwort auf Frage 1).
  • Während sich in den westlichen Bundesländern und Berlin die Zahl der befristet Beschäftigten von 1996 bis 2013 jeweils mindestens verdoppelt hat, sind in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen die Zahlen der befristet Beschäftigten gesunken, in Sachsen ist die Zahl nahezu gleich geblieben und Brandenburg ist sie auf das 1,6fache gestiegen.

Besonders hohe Zuwächse sind in folgenden Bundesländern zu verzeichnen: in Hessen (mehr als vervierfacht), in Bremen (fast vervierfacht), NRW (fast verdreifacht) und in Berlin (auf das 2,5fache gestiegen).

Die Anteile waren im Westen 1996 in allen Bundesländern zum Teil deutlich niedriger als im Osten, dafür hat der Westen dann wesentlich stärker zugelegt (vgl. Antwort auf Frage 1).

  • In Deutschland ist 2012 der Anteil der befristet Beschäftigten in der Altersgruppe der 15-24jährigen zwar im Vergleich zu den Vorjahren zurückgegangen, aber mit 23,1 Prozent im Vergleich zu den anderen Altersgruppen immer noch deutlich am höchsten. Immer noch ist fast jede und jeder Vierte im Alter von 15 bis 24 befristet beschäftigt. Auch in der Altersgruppe von 25-34 Jahren ist der Anteil mit 13,9 Prozent sehr hoch. In den meisten Altersgruppen, bis auf die Gruppe der 55-64jährigen, sind die Anteile bei den Frauen wiederum höher als bei den Männern (vgl. Antwort auf Frage 1).
  • Im direkten Vergleich zwischen Bayern und Baden-Württemberg wird deutlich, dass der Befristungsanteil bei der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren in Baden-Württemberg mit 26,9 Prozent weitaus höher ist als in Bayern mit 17,5 Prozent (vgl. Antwort auf Frage 1).
  • Anteil der befristeten Neueinstellung an allen Neueinstellungen im Jahr 2013: vergleichsweise hoch sind die Anteile in Berlin und Brandenburg (jeweils 48 Prozent), in NRW (47 Prozent), in Hamburg (46 Prozent), in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (je 45 Prozent);

vergleichsweise niedrig sind die Anteile in Bayern und Sachsen (je 35 Prozent), in Bremen (38 Prozent) und im Saarland (40 Prozent) (vgl. Antwort auf Frage 2).

  • In allen Bundesländern ist der Anteil von befristeten Neueinstellungen an allen Neueinstellungen bei den Frauen höher als bei den Männern.

In folgenden Bundesländern liegt er bei 50 Prozent oder höher: in Berlin (58 Prozent), in Sachsen-Anhalt (55 Prozent), in Thüringen (54 Prozent), in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern (je 52 Prozent), in NRW (52 Prozent), in Rheinland-Pfalz (51 Prozent) und in Niedersachsen (50 Prozent). Besonders groß ist die Differenz in Berlin: während der Anteil bei den Frauen bei 58 Prozent liegt, beträgt er bei den Männern nur 40 Prozent (vgl. Antwort auf Frage 3).

  • Anteil der Übernahmen in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach einer Befristung im Jahr 2013:

vergleichsweise niedrig sind die Übernahmequoten in Thüringen (26 Prozent), in Bremen und Brandenburg (je 28 Prozent) sowie in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt (je 33 Prozent);

vergleichsweise hoch sind die Übernahmequoten in Rheinland-Pfalz (47 Prozent), in Hamburg (44 Prozent) und in Hessen (41 Prozent) (vgl. Antwort auf Frage 3).

  • Bei den Verlängerungen von befristeten Arbeitsverträgen (es gibt einen weiteren befristeten Vertrag) liegen im Jahr 2013 insbesondere die östlichen Bundesländer, mit Ausnahme von Berlin, über dem Durchschnitt. Aber auch Niedersachsen und Bremen weisen hier überdurchschnittliche Werte auf (vgl. Antwort auf Frage 4).
  • Der Anteil der sachgrundlosen Befristungen an allen Befristungen ist dagegen in einigen westlichen Bundesländern überdurchschnittlich hoch: in Bremen (57 Prozent), in Hamburg und NRW (je 55 Prozent), in Bayern (51 Prozent) und in Rheinland-Pfalz (49 Prozent). In NRW ist die Zahl der sachgrundlosen mit einer fast Vervierfachung von 2001 bis 2013 am deutlichsten gestiegen (auf das 3,7fache) (vgl. Antwort auf Frage 6).


linksfraktion.de, 29. September 2014