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Rotes Licht für Lobbyismus

Im Wortlaut von Dagmar Enkelmann,

Von Dagmar Enkelmann, 1. Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

 

 

 

Wie kann es kommen, dass tonnenschwere Premium-Autos, auch wenn sie in Wirklichkeit Spritsäufer sind, offiziell als umweltverträglicher gelten als leichte Kleinwagen? Nun - der Trick ist einfach: Bei der Bemessung ist nicht der absolute Spritverbrauch entscheidend, sondern der CO2-Ausstoß wird in Bezug zum Fahrzeuggewicht gesetzt.

Ausgedacht wurde diese Regelung 2010 unter Wirtschaftsminister Brüderle. Dass Öko und die deutsche PKW-Flotte plötzlich so gut zusammenpassten, nährte den Verdacht, Mercedes, BMW und Co. hätten dem Minister das in die Feder diktiert. Die Deutsche Umwelthilfe wollte es genauer wissen und verlangte Einsicht in die Akten des Ministeriums. Das wurde der Umweltorganisation aber mit dem Hinweis auf das deutsche Umweltinformationsgesetz verweigert. Nun stellte der Europäische Gerichtshof aber klar, dass dieses Gesetz der zugrundeliegenden EU-Richtlinie widerspricht. Die Deutsche Umwelthilfe hat einen Anspruch auf Einsichtnahme in interne Akten des Bundeswirtschaftsministeriums zum Erlass von Rechtsverordnungen - auch bei denen, die die Auto-Energieeffizienz betreffen.

Wie Pharma und Versicherungen gehört die Autoindustrie hierzulande zu den einflussreichsten Branchen. Auf "freundschaftliche" Bande zur Regierung legt man viel Wert. Auto-Oberlobbyist Wissmann war bekanntlich mal Bundesverkehrsminister. Nach der Bundestagswahl wird Staatsminister von Klaeden zu Daimler-Benz wechseln. Zuvor hat von Klaedens Chefin, Bundeskanzlerin Merkel, dafür gesorgt, dass es in der EU vorerst keine verschärften CO2-Grenzwerte für Autos gibt. Ein weiterer Freifahrtschein für die Spritfresser.

Politik ganz ohne Lobbyismus ist schwer vorstellbar, in manchen Bereichen aber hat er nichts zu suchen, vor allem nicht bei der Erarbeitung von Gesetzen. Gegenüber der Wirtschaft und den Banken, die sich ganze Trusts gutbezahlter PR-Leute halten können, stehen zudem z.B. Gewerkschaften, Sozial- und Umweltverbände oft auf verlorenem Posten. Erster Schritt, um den illegitimen Einfluss der Lobbyisten zurückzudrängen, wäre zunächst die Einführung eines verpflichtenden, sanktionsbewehrten Registers und die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung. Ehemalige Regierungsmitglieder, die in eine ressortnahe Wirtschaftstätigkeit wechseln wollen, müssen erst eine fünfjährige Karenzzeit hinter sich bringen. Die Mauern der Geheimhaltung, hinter der sich Regierung und Lobbyisten gern verstecken, müssen transparenter werden - auch durch demokratisch verbriefte Informationsrechte. Diese sind kein Almosen, sondern ein Anspruch der Bürgerinnen und Bürger. All dies fordert DIE LINKE seit langem.

Insgesamt kommt es darauf an, der Regierung mehr auf die Finger zu schauen. Die parlamentarische Opposition als natürlicher Kontrolleur und Kritiker ist zu stärken. Die Fraktionsrechte- und Minderheitenrechte sind auszubauen. So muss eine Fraktion allein die Einberufung des Bundestages, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und eine Normenkontrollklage verlangen können. Rotes Licht muss es nicht nur für kraftstofffressende Autos geben, sondern auch für einen Lobbyismus, der solche Fahrzeuge grün anstreichen will.

linksfraktion.de, 10. August 2013