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Risiko Atomenergie - Kostenexplosion zum Schaden der SteuerzahlerInnen?

Im Wortlaut von Hubertus Zdebel,

 

Von Hubertus Zdebel, Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit für die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

 

Der vermeintlich preiswerte Atomstrom hat die SteuerzahlerInnen in Deutschland schon rund 200 Milliarden Euro für die staatliche Forschung und Entwicklung gekostet. Jetzt droht, dass die SteuerzahlerInnen auch für die wachsenden Kosten beim Abriss der AKWs und bei der langfristigen Atommülllagerung wiederum zur Kasse gebeten werden. Wenn es darum geht, Gewinne zu privatisieren und die (Umwelt)Kosten den BürgerInnen aufzuhalsen, ist die Bundesregierung nicht nur national (un)tätig. Selbst im krassen Fall des Beschlusses der EU-Kommission, der der britischen Regierung erlaubt, den Neubau von zwei Reaktoren in Hinkley Point aus Steuergeldern abzusichern und über 35 Jahre die Strompreise für die Betreiber zu garantieren, will die Bundesregierung tatenlos zusehen.

Neuere Studien gehen davon aus, dass der AKW-Neubau die SteuerzahlerInnen in Großbritannien mehr als 100 Milliarden Euro über die geplante Laufzeit von 35 Jahren kosten könnte.  Andere EU-Länder warten bereits, dass auch sie von der EU-Kommission die Erlaubnis zum AKW-Neubau auf Kosten der Bürger erhalten. Österreich wird gegen diesen EU-Beschluss klagen, ebenso bundesdeutsche Öko-Unternehmen und Stadtwerke. Außerdem haben über 160.000 Menschen Beschwerde bei der Kommission eingelegt. Per Antrag im Bundestag und bei der Expertenanhörung im Wirtschaftsausschuss hat die Fraktion DIE LINKE die Bundesregierung aufgefordert, aktiv zu werden und mindestens die Klage Österreichs zu unterstützen. Bislang ergebnislos. Am Donnerstag wird die Abstimmung im Plenum stattfinden. 

Doch auch für die bundesdeutschen SteuerzahlerInnen könnte es in den nächsten Jahren in Sachen Atomenergie noch teuer werden. Bereits rund 200 Milliarden Euro Steuersubventionen sind von den bisherigen Bundesregierungen in die Forschung und Entwicklung der Atomenergie gesteckt worden. Nur so war es möglich, dass Konzerne AKWs mit hohen Gewinnen betreiben konnten.

Gesetzlich sind sie verpflichtet, die Kosten des Rückbaus der Atommeiler und für die Lagerung der von ihnen verursachten Atommüllberge zu übernehmen. Zu diesem Zweck haben sie mit erheblichen Steuervorteilen offiziell Rückstellungen in Höhe von circa 38 Milliarden Euro vorgenommen. Doch schon jetzt belaufen sich die Kostenschätzungen für die langfristige Atommülllagerung auf circa 70 Milliarden Euro.

Ihrer gesetzlichen Verantwortung wollen sich die Unternehmen jedoch entziehen. E.on hat eine Ausgründung der wirtschaftlich nicht mehr gewinnbringenden Geschäftsfelder Atomenergie und Kohle auf den Weg gebracht. Auch bei RWE gibt es dazu Überlegungen. Wenn diese Ausgründungen – als Bad Bank bezeichnet – insolvent gehen, hätte dies dies Folge: Die SteuerzahlerInnen müssten am Ende für die Kosten aufkommen.

Schon seit vielen Jahren gibt es massive Kritik an der bisherigen Praxis mit den Entsorgungs-Rückstellungen. Doch noch jede Regierung hat den Konflikt mit den Atomunternehmen gescheut. Selbst jetzt, angesichts der immer größer werdenden Sorgen, ob die bislang gebildeten Rückstellungen der Konzerne überhaupt noch verfügbar sind und wie diese die wachsenden Kosten in Zukunft bezahlen können, ist die Bundesregierung immer noch mit Prüfungen beschäftigt, anstatt endlich zu handeln. Nicht nur die Fraktion DIE LINKE fordert seit langem von der Bundesregierung endlich einen öffentlich-rechtlichen Fonds (Antrag). Nur so könnte erreicht werden, dass am Ende nicht die SteuerzahlerInnen die gesamte Zeche zahlen. 

Hinweis: Mit einem "Nationalen Entsorgungsprogramm" plant das Bundesumweltministerium derzeit den künftigen Umgang mit dem Atommüll. Die Fraktion DIE LINKE hat auch dazu einen Antrag gestellt, der am Donnerstag in den Bundestag eingebracht wird. 

linksfraktion.de, 1. Juli 2015