Von Birgit Wöllert, für die Fraktion DIE LINKE Mitglied im Gesundheitsausschuss
Nach wie vor stehen viele Hebammen vor dem drohenden Aus. Zwar hat der Gesetzgeber beschlossen, ihnen die dramatisch gestiegenen Haftpflichtprämien über einen Sicherstellungszuschlag der Krankenkassen zu erstatten. Doch vorher müssen sie mit den Krankenkassen erst mal eine Vereinbarung treffen. Gesundheitsminister Gröhe hat den Ball so geschickt an die Selbstverwaltung weitergespielt. Wie nicht anders zu erwarten, stocken die Verhandlungen zwischen Hebammen und Kassen.
Der GKV-Spitzenverband fürchtet weitere Kostensteigerungen und stellt sich quer. Das würde Mitglieder kosten. Denn seit 2015 werden alle Kostensteigerungen über Zusatzbeiträge allein von den Versicherten getragen. Die Kassen drücken auf die Kostenbremse, um Zusatzbeiträge und in der Folge die Abwanderung von Mitgliedern zu vermeiden. Die Hebammen sind die Leidtragenden und letztlich die Frauen, die Hebammenleistungen in Schwangerschaft und Geburt in Anspruch nehmen wollen. Schon jetzt finden sie vor Ort oft keine Hebammen mehr, weil diese ihren Job an den Nagel hängen mussten.
Die Regierung auf der anderen Seite verteilt neue Wohltaten – es müssen ja nur noch die Versicherten zahlen, die Arbeitgeber sind von allen Kostensteigerungen entlastet. Mit dem Versorgungsstärkungsgesetz soll die Möglichkeit für die Krankenkassen gestrichen werden, sich die Ansprüche aus Behandlungsfehlern erstatten lassen. Bisher bekommen sie die Kosten für die Krankenbehandlung und die Einkommenssicherung von den Haftpflichtversicherungen der Hebammen zurück. Der Verzicht auf diese Ansprüche würde den privaten Haftpflichtversicherungen nützen. Ihr Versicherungsrisiko würde sinken, die Versicherung von Hebammen würde wieder attraktiver für die Versicherungsbranche.
Die Linksfraktion ist grundsätzlich dagegen, Kosten von Unternehmen an die Allgemeinheit weiterzureichen – das gilt auch für freiberufliche Hebammen. Wir fordern eine grundlegende Lösung: einen gemeinsamen Haftungsfonds für alle Leistungserbringerinnen und –leistungserbringer im Gesundheitsbereich. Dann verteilt sich das Risiko auf viele Schultern, alle zahlen niedrige Prämien. Ein solcher, zum Beispiel durch das Bundesversicherungsamt (BVA) verwalteter, Fonds würde die Durchsetzung von Entschädigungen erleichtern, da keine Versicherungsgesellschaft mit ihren kommerziellen Interessen beteiligt wäre.
Daneben ist eine zeitgemäße Ausgestaltung von Hebammenleistungen erforderlich, so wie es DIE LINKE im Antrag „Zukunft der Hebammen und Entbindungspfleger sichern – Finanzielle Sicherheit und ein neues Berufsbild schaffen“ fordert. Hebammen sind die am besten geeigneten Fachkräfte für die Betreuung von Frauen in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Sie können erste Ansprechpartnerinnen für Schwangere und die Schwangerenvorsorge sein wie in den Niederlanden. Dieses Verständnis eines neuen Berufsbildes sollte sich auch in der Vergütung niederschlagen.
Conni Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, sieht die Hebammen als Bündnispartnerinnen der Frauen. Sie üben einen aufsuchenden Medizinalberuf mit einem niedrigschwelligen Zugang zu den Frauen aus. Doch der Gesetzgeber nimmt eine neuen Anforderungen und Entwicklungen entsprechende Ausgestaltung von Hebammenleistungen nicht vor. Über den Antrag der Linksfraktion wird in einer Anhörung am 25. März 2015 im Ausschuss für Gesundheit mit den Hebammenverbänden und Sachverständigen beratschlagt werden.
linksfraktion.de, 17. März 2015