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Rechtsextreme Szene besitzt bundesweit 20 Immobilien

Im Wortlaut von Ulla Jelpke,

Berlin - Nach Erkenntnissen der Bundesregierung besitzt die rechtsextreme Szene bundesweit rund 20 Immobilien, die als Veranstaltungs-, Schulungs- oder Konzerträume genutzt werden. Allein in Thüringen verfügen die Rechtsextremen über drei Immobilien, in elf weiteren Bundesländern über zwei beziehungsweise eine. Das geht aus der dem Tagesspiegel vorliegenden Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor.

Mehrere Immobilien besitze der szenebekannte Rechtsextremist Jürgen Rieger. Dazu zählten der so genannte „Heisenhof“ im niedersächsischen Dörverden und das „Schützenhaus“ im thüringischen Pößneck. In letzterem hatte im April 2005 der thüringische NPD-Landesparteitag stattgefunden. Der „Heisenhof“ diene der dortigen rechtsextremistischen Szene als „lokal bedeutsamer Treffpunkt“ und er werde auch für Schulungszwecke genutzt, berichtet die Bundesregierung. Auch das NPD-Vorstandsmitglied Thorsten Heise besitze im thüringischen Fretterode eine Immobilie, die er für Kameradschaftstreffen zur Verfügung stelle. Der NPD-Funktionär Uwe Meenen habe 2001 das Schloss Trebnitz in Sachsen-Anhalt im Treuhandauftrag für den Rechtsextremisten Steffen Hupka erworben. Kaufinteresse für ein Schulungszentrum gebe es derzeit von Seiten der NPD-Saar. Außerdem plane die Partei den Erwerb einer Mehrzweckimmobilie in Brandenburg.

Die Linksfraktions-Abgeordnete Ulla Jelpke befürchtet, dass es nach „dieser eher vagen Angabe“ der Bundesregierung vermutlich noch mehr Immobilien seien, die sich in der Hand von Rechtsextremisten befänden. „Die rechtsextreme Szene verankert sich dauerhaft in der Fläche“, stellt Jelpke fest. Sie versuchten, mit einem Immobiliennetz „perspektivisch den demokratischen Protesten gegen ihre Veranstaltungen auszuweichen“. Besonders besorgniserregend sei die Tatsache, dass auch Konzerte an solchen Orten stattfänden und sie damit zum Anziehungspunkt für Teile der Jugend würden.

In ihrer Frage hatte die Linksfraktion auch auf den seit langem bestehenden Verdacht abgehoben, Rechtsextreme könnten Kaufinteresse signalisieren, um dadurch die Gemeinden unter Druck zu setzen und den Verkaufspreis künstlich in die Höhe zu treiben. Dabei werde von Hausbesitzern eine Parteispende für die NPD für den Fall eingeworben, dass die Neonazis Kaufabsichten für das angebotene Objekt kundtun. In ihrer Antwort schließt die Bundesregierung eine solche Taktik nicht aus.

Matthias Schlegel

Der Tagesspiegel, 3. Dezember 2006