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Rechte Feindeslisten: Wir brauchen einen politischen Kurswechsel

Nachricht von Martina Renner,

Medienberichten zufolge sollen sowohl Bundeskriminalamt wie auch Verfassungsschutz personell aufgestockt werden, um der Bedrohung durch Rechtsterrorismus und rechte Hetze zu begegnen. Martina Renner, Sprecherin für antifaschistische Politik der Linksfraktion, stellt klar: „So wichtig wie gute und gut ausgestattete Polizeiarbeit ist: Was wir brauchen, ist ein politischer Kurswechsel. Die Bedrohung durch Rassismus und Neonazismus darf nicht länger verharmlost werden.“

Definitionsproblem "Feindeslisten"

Noch vor wenigen Wochen bestritt das BKA, dass es sich bei der gezielten Sammlung von Daten politischer Gegner*innen durch Neonazis mit Zugang zu Waffen überhaupt um Feindeslisten handelt; nun sollen genau dafür neue Stellen geschaffen werden.

Dabei ist das Phänomen keineswegs neu: Es gehört seit jeher zum Aktionsspektrum der Extremen Rechten, Listen über politische Gegner*innen anzulegen. Schon in den 50er Jahren wurden beispielsweise bei Mitgliedern des sogenannten „Technischen Dienstes“, einer paramilitärischen Teilorganisation des antikommunistischen „Bund Deutscher Jugend“, nicht nur Waffen und Sprengstoff, sondern auch eine Feindesliste gefunden.

Für die Extreme Rechte erfüllt das Sammeln dieser Informationen mehrere wichtige Funktionen: Diese Listen bedienen ein Herrschafts- und Vernichtungsbedürfnis, das für die Dynamik der neonazistischen Organisationen wesentlich ist. Sie sind darüber hinaus auch als Vorbereitung von Einschüchterung und konkreten Gewalttaten zu betrachten. Rechter Terror besteht sowohl in der Ausübung direkter Gewalt als auch in der Androhung dieser Gewalt gegen Angehörige von Minderheiten und politischen Gegnern.

Den Fakten Rechnung tragen, Bedrohung ernst nehmen

Bis heute wird die Bedrohung durch rechten Terror nicht ernst genommen. So ist die Zahl der offiziell als rechtsextreme Gefährder eingestuften Neonazis niedrig, die Zahl der offenen Haftbefehle und untergetauchten Neonazis jedoch hoch. Auch der eklatante Unterschied zwischen den offiziellen Angaben zu Todesopfern rechter Gewalt und den deutlich höheren Zahlen, die von Journalist*innen recherchiert wurden, zeigt diese politische Leerstelle.

Mobile Beratungsteams gegen Rechtsextremismus und die Opferberatungen beklagen außerdem, dass Betroffene nicht darüber informiert werden, dass sie im Fadenkreuz von Neonazis stehen.

Dazu kommt der Umstand, dass rechter Terror meistens als das Werk von Einzeltätern verstanden und untersucht wird, statt ihn als Ausdruck rechter Netzwerke zu begreifen. Ebenso fehlt es an einem grundlegenden Verständnis, dass rechte Gewalt nicht zu trennen ist von rechter Ideologie und deren weiter gesellschaftlicher Verbreitung.

"Antifaschismus darf nicht länger Feindbild sein"

„Wir brauchen ein Umdenken in Behörden und Gesellschaft“, sagt Martina Renner: „Antifaschismus darf nicht länger Feindbild sein. Darüber hinaus müssen die bekanntgewordenen rechten Netzwerke in den Behörden endlich auch institutionelle und personelle Konsequenzen haben. Wir brauchen Behördenleitungen, die klar gegen rechte Hetze vorgehen, wir brauchen unabhängige Beschwerdestellen und wir brauchen externe wissenschaftliche Einstellungsuntersuchungen bei Polizei und Bundeswehr.“