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Querschnittsthemen existenzieller Lebensbereiche

Im Wortlaut von Sigrid Hupach,

Halbzeitbilanz des Arbeitskreises Lebensweisen und Wissen

 

Von Sigrid Hupach, Leiterin des Arbeitskreises Lebensweisen und Wissen und stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag


Die SPD hatte die Abschaffung des Betreuungsgeldes angekündigt – die parlamentarische Initiative dazu kam von der LINKEN. Mit Einbringung des Gesetzentwurfs bereits im Oktober 2014 gab es die Möglichkeit, die Zeit einer Rot-Rot-Grünen-Mehrheit im Parlament zu nutzen, um eine falsche politische Weichenstellung rückgängig zu machen und stattdessen den Kitaausbau zu stärken. Diese Chance blieb ebenso ungenutzt wie die der Eheöffnung für Lesben und Schwule, wofür ebenfalls DIE LINKE den Gesetzentwurf vorlegte. Nach dem irischen Referendum sowie der Entschließung des Bundesrates zur Öffnung der Ehe im Juni 2015 haben wir das Thema erneut in einer Aktuellen Stunde aufgegriffen und mit einem weiteren Antrag unterstützt. Die Durchführung von Akzeptanzinitiativen für sexuelle Vielfalt ist ein weiteres Thema im Queerbereich, das auch die zweite Hälfte der Legislatur prägen wird.

Der Streik der Erzieherinnen und Erzieher wurde von uns parlamentarisch mit Kleinen Anfragen und Anträgen zur Kitaqualität und der Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe unterstützt und ebenfalls in einer Aktuellen Stunde im Plenum thematisiert. Das Thema der Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge haben wir in einem Fachgespräch mit ExpertInnen aus der Kinder- und Jugendhilfe diskutiert und mit einem Antrag in den Bundestag eingebracht. Ein weiterer Schwerpunkt in der Kinder- und Jugendpolitik wird nun in der Entwicklung eines Konzeptes zur Überwindung von Kinderarmut liegen und in der Stärkung von Kinderrechten.

In der Familien- und Seniorenpolitik stehen die Beförderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Verbesserung der Lebensqualität von Alleinerziehenden im Mittelpunkt, da prekäre Lebens- und Arbeitssituationen leider noch immer Alltag insbesondere für viele Frauen in Deutschland sind. Dies zu überwinden bedarf einer gemeinsamen gesellschaftlichen Anstrengung. Parlamentarisch werden wir die Berichte der Bundesregierung zu Familie und Senioren mit eigenen Akzenten begleiten und für das Bundesseniorenmitwirkungsgesetz streiten.

Im Zentrum der behindertenpolitischen Debatte steht die Schaffung eines Bundesteilhabegesetzes mit bedarfsgerechten, einkommens- und vermögensunabhängigen Teilhabeleistungen – unser Antrag dazu ist inzwischen abgelehnt. In weiteren Anträgen fordern wir ein Bundesprogramm zur Barrierenbeseitigung sowie Gute Arbeit für Menschen mit Behinderungen. Wir haben eine Große Anfrage zur Inklusion eingebracht. Auch in der Bildungspolitik wird eine gelingende Inklusion mit Anträgen zu vier Bildungsbereichen zentral werden.

Nachdem das BAföG im Koalitionsvertrag trotz dringenden Handlungsbedarfs überhaupt nicht mehr vorkam, forderten wir im Februar 2014 die Bundesregierung auf, zügig eine BAföG-Reform umzusetzen – ohne die Länderhaushalte zusätzlich zu belasten. Mit unserem Antrag „Kooperationsverbot abschaffen – Gemeinschaftsaufgabe Bildung ins Grundgesetz" nahmen wir ein zentrales Wahlkampfversprechen für den Bildungs- und Kulturbereich auf. Zwar gibt es inzwischen eine Grundgesetzänderung, sie beschränkt sich aber auf die Wissenschafts- und Hochschulfinanzierung. Der Bund übernimmt nun vollständig das BAföG, garantiert ist jedoch nicht, dass die Länder die Einsparungen tatsächlich für bessere Bedingungen im Bildungsbereich verwenden. Auch die Erhöhung der Fördersätze und Freibeträge wurde vertagt. Im Zusammenhang mit der Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes haben wir uns mit dem Antrag „Gute Arbeit in der Wissenschaft“ frühzeitig positioniert und dazu eine Anhörung im Ausschuss angestoßen. Den Prozess werden wir mit Änderungsanträgen oder Entschließungsanträgen qualitativ weiter begleiten.

Im Kultur- und Medienbereich konzentrierten wir uns bisher auf den Ausbau der Provenienzforschung, Gleichstellungsfragen im Kultur- und Medienbetrieb, die kulturelle Bildung sowie auf den Rundfunkbeitrag, das Leistungsschutzrecht und die Finanzierung und Ausrichtung der Deutschen Welle. Ein Antrag zur Verleihbarkeit digitaler Medien ist gegenwärtig im Verfahren. Wir werden mit Anträgen zur Kulturförderung des Bundes und zur Kulturellen Bildung auch für Sicherung der kulturellen Infrastruktur parlamentarisch tätig werden. Die Ausarbeitung einer nationalen Digitalisierungsstrategie zur Sicherung des kulturellen Erbes und die Novelle des Filmförderungsgesetzes werden weitere Schwerpunkte bilden, ebenso wie das Urhebervertragsrecht und die Verwertungsgesellschaften. 

Die enormen Veränderungen in fast allen gesellschaftlichen Bereichen, die sich durch die fortschreitende Digitalisierung ergeben, stellen auch die in unserem Arbeitskreis zusammengeführten Politikfelder vor große Herausforderungen. Unser Arbeitskreis wird sich in die Arbeitsgruppe „Digitalisierung“ einbringen, die sich auch der Umsetzung der Ergebnisse aus der Internet-Enquete von 2013 widmen wird. Auch die Parteikampagne „Das muss drin sein“ werden wir im Arbeitskreis parlamentarisch begleiten.

Die Politikfelder unseres Arbeitskreises sind zumeist Querschnittsthemen und müssen auch in unserer Fraktion insbesondere neben den außenpolitischen Themen noch stärker positioniert und wahrgenommen werden, da diese doch die eigentlichen existenziellen Lebensbereiche betreffen.