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Oskar Lafontaine: Bremen ist der Durchbruch

Im Wortlaut von Oskar Lafontaine,

Linksfraktionschef Oskar Lafontaine rechnet im SZ-Gespräch mit einer dauerhaften Veränderung der Parteienlandschaft.

Herr Lafontaine, Ihre neue Partei ist zum ersten Mal in ein Parlament der alten Länder eingezogen: Ist das der Durchbruch?

Das Ergebnis in Bremen ist für die Linke der Durchbruch im Westen. Es ist deutlich besser, als erwartet.

Was bedeutet der Bremer Erfolg für die Vereinigung von PDS und WASG in fünf Wochen?

Ein solch gutes Ergebnis schon vor der Vereinigung ist ein deutlicher Hinweis, dass die vereinigte Linke mehr bewirken kann als die ehemalige PDS oder die WASG allein.

Aber Bremen ist schon immer ein Stück weiter links als andere Regionen im Westen. Könnte der Erfolg nicht auch eine Eintagsfliege bleiben?

Nein. Die Parteienlandschaft wird sich dauerhaft verändern. Die bisherigen Parteien stehen für Lohn-, Renten- und Sozialkürzungen. Das kann ja nicht im Interesse der Wählerinnen und Wähler sein. Insofern war Bremen wirklich ein neuer Anfang. Die Linke wird dort eine ähnliche Aufgabe haben wie die Linksfraktion im Bundestag. Es gibt eine ganze Reihe von Themen, die nur durch die Linke auf die Tagesordnung kommen. Ein Beispiel ist der Mindestlohn, obwohl jetzt alle so tun, als hätten sie ihn entdeckt.

Spüren Sie persönlich so etwas wie Genugtuung?

Ich empfinde schon Freude: Der Versuch, die deutsche Politik nach links zu verschieben und der sozialen Gerechtigkeit wieder eine Stimme zu geben, hat in Bremen Auftrieb bekommen. Wir haben jetzt gute Chancen, nächstes Jahr auch in der Hamburger Bürgerschaft vertreten zu sein. Ich rechne jetzt sogar damit, das die Linke in den Flächenländern Hessen und Niedersachsen in die Landtage einziehen kann. Und auch in Bayern sind unsere Chancen nach Bremen nicht kleiner geworden.

Was bedeutet Bremen für Ihre alten Genossen von der SPD?

Bremen ist ein erneuter Fingerzeig, dass die jetzige Politik der SPD von vielen Menschen abgelehnt wird. Ich habe die Hoffnung fast aufgegeben, dass in der SPD-Spitze irgendjemand begreift, was die Wählerinnen und Wähler eigentlich sagen wollen.

Rechnen Sie jetzt mit noch mehr Zulauf als bisher für Ihre neue Partei?

Es gibt eine Reihe von Sozialdemokraten und Gewerkschaftern, die sich überlegen, ob sie nicht doch zur Linken kommen. Sie können nicht auf Dauer auf zwei Schultern tragen: Als SPD-Mitglieder sind sie für Lohn- und Rentenkürzungen, als Gewerkschafter für Lohn- und Rentenerhöhung. Das kann kein redlicher Mensch dauerhaft ertragen. Viele zögerten, weil sie unsicher waren, ob die Linke tatsächlich im Westen Fuß fasst. Jetzt zeigt sich: Wir werden auch im Westen Erfolg haben.

Werden Sie jetzt einer der beiden Vorsitzenden der Linken?

Die Mitgliederbefragung ist noch im Gang. Ich werde meine Entscheidung danach bekannt geben.

Sächsische Zeitung vom 14. Mai 2007