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Opposition klagt Snowden-Befragung in Berlin ein

Nachricht von Martina Renner,

Die Oppositionsparteien im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur NSA haben Klage am Bundesverfassungsgericht eingereicht, um eine Zeugenaussage des US-amerikanischen Wistleblowers Edward Snowden in Berlin zu erreichen.

Bisher hat sich die Mehrheit des NSA-Untersuchungsausschusses lediglich zu einer Befragung Snowdens in seinem Asyl in Russland durchringen können. Jetzt wollen die Oppositionsparteien im Ausschuss erreichen, dass der Alternative Nobelpreisträger die Möglichkeit bekommt, in Berlin auszusagen. „Der Ausschuss tagt in Berlin. Und dieser Ausschuss braucht den Zeugen Snowden“, sagte Renner. Auch die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf, den ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter in öffentlicher Sitzung in Berlin zu hören.

„Es geht aber auch darum, ob wir als ParlamentarierInnen unsere Kontrollfunktion ausüben können – oder ob Geheimdienste und Bundesregierung die Aufklärung kontrollieren“, erklärte die Obfrau der Fraktion DIE LINKE, Martina Renner. „Wir können und dürfen uns nicht mit einer Situation abfinden, in der die Bundesregierung über die Rechte des Parlaments entscheidet, und darüber, dass und wie Geheimes geheim bleibt.“ Zudem gehe es um die Rechte des derzeit einzigen parlamentarischen Untersuchungsausschusses in Europa, der sich mit der internationalen Geheimdienstüberwachung beschäftigt: „Das Bundesverfassungsgericht soll über die Frage entscheiden, wie und ob die Rechte der Abgeordneten durch die Bundesregierung beschnitten werden dürfen.“ Deshalb richte sich die Klage auch gegen die Ausschussmehrheit. Denn, so Renner, „die Abgeordneten der Großen Koalition sehen ihre Aufgabe offensichtlich leider mehr darin, die Bundesregierung zu schützen als offensichtliche Missstände aufzuklären.“

Bei den Erfolgsaussichten zeigte sich die Bundestagsabgeordnete optimistisch, auch wenn mit der Klage „durchaus juristisches Neuland“ betreten werde. Allerdings hoffen die Oppositionsparteien auf eine Entscheidung vor Ende des NSA-Untersuchungsausschusses. Renner verwies auf Erfahrungen aus dem BND-Untersuchungsausschuss. „Uns ist nicht mit einer Entscheidung gedient, die eine Woche nach Auflösung oder nach Beendigung der Ausschussarbeit kommt.“

Der BND-Untersuchungsausschuss sollte unter anderem die Beteiligung des BND bei CIA-Flügen mit Terrorverdächtigen über deutsche Flughäfen klären. 2009 hatte das Verfassungsgericht den Fraktionen der LINKEN, Grünen und der FDP Recht gegeben, die gegen die Bundesregierung geklagt hatten. Nach Ansicht des Gerichtes verletzten die eingeschränkten Aussagegenehmigungen für Zeugen im Ausschuss sowie die teilweise Sperre von angeforderten Akten das Informations- und Untersuchungsrecht des Bundestags. Renner erinnert: „Wir haben nach der positiven Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erneut die Akten angefordert. Daraufhin schrieb der damalige Kanzleramtsminister und heutige Innenminister de Maizière, das möge so sein, aber es gebe ja – weil sich der Ausschuss aufgelöst habe am Ende der Legislatur – keinen Anspruchsberechtigten mehr, der die Akten entgegennehmen könne.“

Die Bundestagsabgeordnete sprach sich gegen eine Befragung Snowdens in Russland aus. „Es entspricht nicht dem Grundsatz parlamentarischer Öffentlichkeit, wenn Zeugen per Video zugeschaltet werden.“ Darüber hinaus habe Snowden bereits mitgeteilt, dass er in Moskau nicht aussagen will. Tatsächlich könne von einer freien Willensbildung unter seinen derzeitigen Bedingungen keine Rede sein. „Snowden muss in der Lage sein auszusagen unter Bedingungen, die ihn nicht unter Druck setzen – wie es eben bei einer Anhörung in Moskau der Fall wäre.“ Nach den gesetzlichen Regelungen der Untersuchungsausschüsse darf der freie Willensentschluss des Zeugen nicht durch äußere Umstände beeinflusst werden. „Genau davon muss man aber bei einer Anhörung in Moskau ausgehen“, sagte Renner.

linksfraktion.de, 1. Oktober 2014