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NSU – Aufklärung unerwünscht?!

Nachricht von Ulla Jelpke, Petra Pau,

Klären auf: Petra Pau, Carsten Illius und Ulla Jelpke (v.l.)             Foto: Niels Holger Schmidt

 

Am Montag fand unter dem Titel "NSU – Aufklärung unerwünscht?!" in Dortmund eine prominent besetzte Veranstaltung der Reihe "Fraktion vor Ort" statt.

Petra Pau, Vizepräsidentin des Bundestags und in der vergangenen Legislatur Mitglied des NSU-Untersuchungsausschusses, stellte in einfühlsamer Weise die Gefühlslage der NSU-Opfer vor. Aus einer Textsammlung zitierte sie Elif Kubasik, die Witwe des in Dortmund ermordeten NSU-Opfers. Dem Publikum wurde klar, welche Tragik den Opferfamilien wiederfuhr: Die Tätersuche konzentrierte sich vor der Aufdeckung des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) auf kriminelle, konstruierte Verstrickungen und nicht erkennbare Verbindungen zwischen den einzelnen Mordopfern. Die Familien wurden immer wieder vernommen, nie ermittelte die Polizei in Richtung rassistischer Kriminalität. Das Versagen der Polizei und des Verfassungsschutzes fasste Petra Pau in sieben Thesen zusammen.

Neonazi-Netzwerke nicht aufgedeckt

Den Blick auf Nordrhein-Westfalen richtete der Journalist Sebastian Weiermann. Er berichtete von der in den 2000er Jahren aktiven Szene "Blood & Honour“ und den lokalen Neonazi-Szenen. Besonders in Dortmund ist – auch nach dem Verbot der freien Kameradschaft – die Neonazi-Szene mit den gleichen Akteuren weiter sehr aktiv. Der  Netzwerkcharakter der Neonazi-Szene ist bis heute nicht ganz aufgedeckt und die Verflechtungen zum NSU nicht bekannt.

Der Rechtsanwalt Carsten Ilius vertritt die Witwe von Mehmet Kubasik als Nebenkläger beim Münchner NSU-Prozess. Als Jurist hat er besonders die verfahrenstechnischen Aspekte betont: warum Zeugen nicht geladen werden können, welche Beweise erbracht werden können, wie die Bundesanwaltschaft reagiert. Dem Publikum wurde klar, welche Aufklärungshemmnisse bestehen: Die Anklage geht von Einzeltätern ("NSU-Zelle") aus, ein dahinter stehendes Netzwerk wird (und will) nicht erforscht werden.

V-Männer – noch mehr Belohnung, noch mehr Straftaten, keine Strafverfolgung

Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, stellte das neue Verfassungsschutzgesetz und die daraus resultierenden Möglichkeiten für die Verfassungsschutzämter vor. Die Kompetenzen des Verfassungsschutzes werden noch gesteigert, bis hin zur Vertuschung und Anordnung von Straftaten von V-Männern, die im NSU-Sumpf verstrickt sind und zu keiner Aufklärung beigetragen haben, das heißt noch mehr Belohnung, noch mehr Straftaten, keine Strafverfolgung. Die Zentralisierung der Informationen führe dazu, Verflechtungen und Strukturen noch mehr als bisher zu verschleiern und eine Aufklärung unmöglich zu machen.

Bei der anschließenden Diskussion wurden besonders viele Fragen zum Thema "Einzeltäter" oder Netzwerk gestellt, auch der lokale Dortmunder Bezug wurde immer wieder hergestellt. Ebenso wurde nach dem plötzlichen Tod aussagewilliger Zeugen gefragt wie nach der Möglichkeit, vor dem Europäischen Menschengerichtshof Anklage gegen die Bundesrepublik zu erheben.

linksfraktion.de, 2. Juni 2015