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Neue Föderalismus-Kommission soll fairen und zukunftsfähigen Kompromiss finden

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Bericht zum Fachgespräch: Länderfinanzausgleich LINKS gedacht

 

Am 20. September fand im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestages ein Fachgespräch zur Neuordnung des Länderfinanzausgleichs statt. VertreterInnen von Sozialverbänden, Gewerkschaften und kommunalen Spitzenverbänden tauschten sich aus mit PolitikerInnen der Partei DIE LINKE aus Ost und West und von Kommunal-, Landes- sowie Bundesebene.

Hintergrund ist das Auslaufen des Solidarpakts II im Jahr 2019 und die derzeit laufenden Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über die grundsätzliche Neugestaltung des Länderfinanzausgleichs. Die Linksfraktion hatte sich frühzeitig mit ihrem Konzept „Länderfinanzausgleich LINKS gedacht: solidarisch und aufgabengerecht“ in die Diskussion eingeschaltet und konkrete Vorschläge zu einer Neugestaltung gemacht.

Axel Troost, finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, und Willi van Ooyen, Fraktionsvorsitzender der hessischen Landtagsfraktion DIE LINKE, hoben bei ihrer Vorstellung des Diskussionspapiers noch einmal die zentralen Punkte hervor:

  1. Auskömmliche Finanzausstattung aller Bundesländer und Kommunen. Bund, Länder und Kommunen sind strukturell unterfinanziert. Insbesondere bei Gültigkeit der Schuldenbremse muss ihre Finanzausstattung deutlich erhöht werden.
  2. Voller Einbezug der kommunalen Einnahmen in den Länderfinanzausgleich, welche bislang nur mit 64% berücksichtigt werden und somit wirtschaftsstarke Bundesländer ärmer darstellt.
  3. Aufgabengerechte Finanzausstattung der Bundesländer und Kommunen, insbesondere für Sonderbedarfe von Stadtstaaten und die bundesstaatlich vorge¬schriebenen Ausgaben wie SGB II, Asyl, sozio-ökonomisch benachteiligte Kinder und Jugendliche, sowie Hochschulen und BAföG.
  4. Steuergerechtigkeit sicherstellen durch eine bundesweit einheitliche Steuerverwaltung anstelle eines Steuerdumping-Wettbewerbs zwischen den Ländern.
  5. Altschuldenfonds zur Entlastung von laufenden Zinszahlungen, welche bereits heute große Teile der Haushalte von Ländern und Kommunen in Anspruch nehmen. Da eine Vermögenssteuer erst mittelfristig umsetzbar ist, muss der Solidaritätszuschlag zur Finanzierung herangezogen werden.
  6. Auflage eines Solidarpakt III, um über die jährliche Einnahmen und Ausgabenbedarfe hinweg gezielt strukturelle Defizite in Ost und West wie Süd und Nord anzugehen.

Im Gespräch wurde schnell deutlich, dass alle TeilnehmerInnen die gleiche Problemauffassung teilen die grundsätzliche Stoßrichtung des Konzepts breite Anerkennung fand.

Grit Genster von ver.di betonte die Relevanz des Fachgesprächs, da die Halbwertszeit einer Neuordnung voraussichtlich bei 15 bis 20 Jahren liege. Wichtig seien ver.di bundesweit einheitliche Standards beim Steuervollzug. Als Negativbeispiel für einen ruinösen Dumpingwettbewerb nannte Sie die massive Senkung der Gewerbesteuer in Monheim auf den niedrigsten Hebesatz in ganz Nordrhein-Westphalen, welche ganz klar auf Kosten der benachbarten Kommunen gehe.

Stefan Anton vom Deutschen Städtetag betonte, dass die Unterschiede in Deutschland als auch der Druck auf die Kommunen insgesamt größer geworden seien und ein gezieltes Gegensteuern zu einheitlichen Lebensverhältnissen und Lebenschancen unumgänglich. Es sei wichtig, über die vielen aktuell in den Medien diskutierten Details die im Konzept der LINKEN aufgeworfenen grundlegenden Fragen im Auge zu behalten.

Joachim Rock vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband warnte vor einer unzureichenden Neuordnung des Länderfinanzausgleichs, da gerade angesichts der nahenden Schuldenbremse die Sozialsysteme in den Abgrund gerissen werden könnten. Zwar stehe der Verband erst noch vor der Beschlussfassung, aber weite Teile des Diskussionspapiers der LINKEN gingen in eine richtige Richtung.

Kristina Vogt, Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE in der Bremischen Bürgerschaft, stellte dar, dass Bremen auf der einen Seite höhere Ausgabenanforderungen habe, u.a. durch den Strukturwandel eine der höchsten Armutsquoten, und auf der anderen Seite durch den hohen Zinsdienst jeder dritte Euro im Haushalt nicht verfügbar sei. Nur wenn der Bund die Finanzierung der bundeseinheitlich vorgeschriebenen Ausgaben übernähme und ein Altschuldenfonds die Zinslast erleichtere, könne man über eine Absenkung der Einwohnerveredelung für Stadtstaaten reden.

Der Stadtverordnete Bernhard Sander der LINKEN in Wuppertal erläuterte, durch hohe Verschuldung und Grundlasten mit 94% Pflichtausgaben habe die Stadt habe keinen Handlungsspielraum mehr. Besonders zu schaffen machten Wuppertal dabei bislang ungestopfte Steuerschlupflöcher der Rot-Grünen Steuerreformen. Er erinnerte daran, dass in den 50er und 60er Jahren die Kohle- und Stahlindustrie aus NRW den Strukturwandel in Bayern überhaupt möglich gemacht haben, nun jedoch diese Solidarität einseitig aufgekündigt würde.

Manuela Schmidt, für DIE LINKE im Abgeordnetenhaus von Berlin, erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass Konnexitätsprinzip stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Denn die angekündigte Übernahme von Eingliederungshilfen und BAföG durch den Bund gingen in die richtige Richtung, seien aber noch nicht beschlossen.

Am Ende des Fachgesprächs wurde von verschiedenen TeilnehmerInnen noch einmal betont, dass einer intransparenten Diskussion mit unstrukturierten Reformen vorzubeugen sei und ein gegenseitiges Ausspielen der Länder und Kommunen durch den Bund verhindert werden müsse. Der sich abzeichnende grundlegende Konsens der Anwesenden über einen zukünftigen Länderfinanzausgleich sei äußerst ermutigend.

Das Resümee des Fachgesprächs fällt für Axel Troost positiv aus: Die Wahrung einheitlicher Lebensverhältnisse in Deutschland liege im Allgemeinen Interesse und verlange eine auskömmliche und gezielte Finanzierung. Statt eines Wettbewerbsföderalismus mit vorhersehbar vielen Verlieren, schlage DIE LINKE eine aufgabengerechte und solidarische Lösung vor, welche alle Interessen und alle Himmelsrichtungen angemessen berücksichtige. Deshalb überzeugt das Konzept auch weit über die Partei hinaus. Nun sei es wichtig, gemeinsam Transparenz und Struktur in die Verhandlungen zum Zukunft des Länderfinanzausgleichs zu bringen. Deshalb müsse eine neue Föderalismus-Kommission eingesetzt werden, welche bis 2016 Zeit haben solle um mit allen Betroffenen einen fairen und zukunftsfähigen Kompromiss zu finden.