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Münchner Sicherheitskonferenz: Zwischen taktischem Geplänkel und imperialer Strategie

Kolumne von Wolfgang Gehrcke,

 

Von Wolfgang Gehrcke, stellvertretender Vorsitzender und Leiter des Arbeitskreises Außenpolitik und Internationale Beziehungen der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

 

Die Münchner Sicherheitskonferenz hat einen schlechten Ruf, zumindest bei der Friedensbewegung, bei entwicklungspolitischen Gruppen, in größeren Teilen der Öffentlichkeit und in München allemal. Dies liegt nicht nur an den ausgedehnten und zum Teil rustikalen "Sicherheitsbedingungen", für die unberechtigterweise nicht nur Polizei, sondern auch Bundeswehr und Verfassungsschutz eingesetzt wird. Die Soldaten angeblich alle ehrenamtlich. Wer’s glaubt, ….

Gegründet wurde diese Konferenz als "Wehrkundetagung" (erstmalig 1963). Bis in die 2000er Jahre hinein wurden Linke wie die Fraktion der PDS im Bundestag nicht nur nicht zugelassen, sondern als Teil der Gegendemonstrationen rüden Polizeimaßnahmen ausgesetzt. Ab 2010 waren dann auch Abgeordnete der LINKEN durchaus gefragte Teilnehmer. Ob die Veranstalter nun ihre Meinung tatsächlich geändert haben oder nur eine andere Taktik verfolgen, ist unerheblich.

Nun stand die LINKE vor dem Knoten. Sie wollte teilnehmen, jetzt konnte sie teilnehmen. Sollte das Ganze nur Propaganda sein oder ernsthafte politische Aktion? In dieser Situation entschied sich die LINKE für eine Mehrfachstrategie: ernsthaft aktiv bei den alternativen Konferenz der Friedensbewegung, kritisch bei der "Sicherheits"-Konferenz, engagiert und mutig bei den Demonstrationen auf Münchner Straßen und Plätzen. Das hat nicht allen gefallen, in der Friedensbewegung und in der Linken. Dem Stammpublikum der Sicherheitskonferenz auch nicht, aber es war und ist eine direkte Übersetzung der politischen Taktik des Parlamentarischen und Außerparlamentarischen.

Der Mainstream der Sicherheitskonferenz war immer die Ausarbeitung von imperialen Strategien und der Abgleich dieser Strategien untereinander, die Verbindung zwischen Rüstungsindustrie und Politik sowie das persönliche Schaulaufen nach dem Motto "Sieht denn keiner, wie wichtig ich bin?". München 2014 war der "große Auftritt" für Gauck, Steinmeier, von der Leyen, die neue deutsche Außenpolitik vorzustellen. Deutschland als Mittel- und Großmacht – das zu erklären war die "Sicherheitskonferenz“" letztes Jahr der rechte Ort. Bekannt geblieben sind die markante Rede von Putin 2007, die Kontroverse um den Irak-Krieg (Fischers "Excuse me, I am not convinced") 2003. In diesem Jahr wurde die Konferenz von Kontroversen um die Ukraine und mögliche Waffenlieferungen an die Kiewer Regierung geprägt. Ob diese Differenzen nur zu einem taktischen Geplänkel gehören oder ob in der Tat die immer wieder vorgeführte Einheit in der Ukraine- und Russland-Frage aufgebrochen ist, wird sich noch zeigen. Dass und wie Falken von diesseits und jenseits des Atlantik auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Konflikt in der Ukraine auf Krieg setzen, ist auf jeden Fall ein Alarmsignal. Die Differenzen zwischen Deutschland und Frankreich einerseits und den USA andererseits in dieser Frage machen deutlich, dass Europa bei der Lösung seiner Probleme und Konflikte nicht auf die Vereinigten Staaten zählen kann und sollte.

linksfraktion.de, 10. Februar 2015