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Mobilität für alle ist möglich

Nachricht von Sabine Leidig,

"Fahrscheinloser ÖPNV – Finanzierungsmodelle und rechtlicher Rahmen" hieß ein Fachgespräch der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag Mitte Juni in Frankfurt/Main. Überraschend für das veranstaltende Büro von MdB Sabine Leidig war das Interesse riesengroß und über 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus dem gesamten Bundesgebiet. Heiner Monheim (früher Uni Trier) erläuterte in seinem Eingangsvortrag, dass es schon lange Diskussionen über alternative Finanzierungsmodelle gibt. Früher war der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) eine Goldgrube; etwa 100 Jahre lang wurde dort gutes Geld verdient. Daher ist es falsch, den ÖPNV heute per se als defizitär darzustellen. Er ist nur defizitär, solange die Leute überwiegend Auto fahren. Fahren alle mit, wird es wieder ein gutes Geschäft. Da ein Ende der klassischen ÖPNV-Finanzen (z.B. Regionalisierungsmittel) über 2019 hinaus absehbar ist, ist dringend Neues gefragt. Die Ausdehnung der Finanzierung, zum Beispiel umlagefinanziert über alle Einwohner oder Haushalte und/oder auf Drittnutzer wie Betriebe per Nahverkehrsabgabe, würde eine wesentlich breitere Basis geben, den ÖPNV stabiler tragen und für den einzelnen Bürger sogar preiswerter werden. Heiner Monheim riet, die "bunte Wiese der vielen Blüten" aus lokalen Initiativen weiter zu düngen, und gleichzeitig muss ein Land das ÖPNV-Gesetz für solche Modelle öffnen und eine mutige Kommune muss es dann umsetzen. Dies hätte viele Nachahmer zur Folge.

Mit "Flatrate für Bus und Bahn" ist die Erfurter LINKE erfolgreich in den letzten Kommunal-Wahlkampf gezogen und sie konnte ein durchgerechnetes "Erfurter Modell" vorlegen. Ergebnis: Alle Erfurterinnen und Erfurter über 18 zahlen 20 Euro monatlich als Nahverkehrsabgabe, von Einpendlern sowie aus der Parkraumbewirtschaftung kommen Einnahmen hinzu und die Zuschüsse vom Bund und Land bleiben erhalten. Damit kann "Mobilität für alle" realisiert und das ÖPNV-Angebot noch ausgeweitet werden, erläuterte Matthias Bärwolff, Mitglied des Thüringer Landtages.

Christian Maaß vom Hamburg Institut sezierte die rechtlichen Grundlagen der Staatsfinanzen nach Steuern, Gebühren, Beiträgen und Abgaben. Was will ich umsetzen? Freifahrt für alle oder Freifahrt nur für die, die gezahlt haben? Wen will ich einbeziehen – vielleicht auch Arbeitgeber und Pendler? Muss ich ein Mindestangebot von ÖPNV-Leistungen haben? Sein Fazit: Riesige Vielzahl an denkbaren Instrumenten, von denen aber nicht alle zum Ziel führen. Für ein umfassendes Modell wäre eine Gesetzesänderung notwendig. Beiträge sind ein eingeführtes kommunales Finanzierungsinstrument und funktionieren am besten. Alle Referenten betonten, dass eine Etablierung neuer Finanzen des Nahverkehrs in Deutschland eingebettet sein muss in eine Strategie der Verkehrswende.

Anschließend an das Fachgespräch führte das Netzwerk Solidarische Mobilität (Solimob) ein Vernetzungstreffen Aktiver durch. Aus den Reihen der rund 50 Teilnehmenden wurde von 17 Beispielen der Aktivitäten vor Ort berichtet. Neben partei-unabhängigen Aktiven waren auch  Grüne, Piraten sowie LINKE in Auseinandersetzungen involviert. Ausführliche Berichte auf solimob.de.

Vereinbart wurde, dass das Netzwerk Solimob den Informationspool zum Thema bildet und eine Mailingliste einrichtet. Grundsätzliches Ziel sollte sein, das Thema kampagnenfähig zu machen und die Idee als attraktive Lösung für soziale und ökologische Probleme sowie zur Verbesserung der Lebensqualität ins Bewusstsein vieler Menschen zu bringen. Das bundesweit nächste Treffen wird auf dem BUVKO 2015 in Erfurt stattfinden. Die riesige Resonanz dieser Veranstaltung sowie die große Zahl von Aktivitäten vor Ort lässt die Hoffnung wachsen, das Thema umlage- oder beitragsfinanzierten ÖPNV zum Diskussionsgegenstand der nächsten Jahre werden zu lassen.

linksfraktion.de, 28. Juli 2014

 

Ein ausführliches Protokoll sowie Referate finden Sie bei nachhaltig-links.de in der Rubrik Mobilität.