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Missstände in der 24-Stunden-Pflege endlich beheben

Nachricht von Pia Zimmermann,

In Deutschland herrscht im (Alten- und Kranken-)Pflegebereich Fachkräftemangel. Ein wichtiger Grund ist die schlechte Bezahlung. Besonders niedrig sind die Entgelte in der Altenpflege, dort werden im Vergleich zur Krankenpflege noch einmal 500 Euro im Monat weniger gezahlt. Auf verschiedenen Ebenen und von verschiedenen Akteur*innen wird darauf mit Anwerbung(sversuchen) im Ausland reagiert.

Die Bundesregierung und speziell das CDU-geführte Bundesgesundheitsministerium stellen ganz offiziell Gelder zur Abwerbung ausgebildeter Pfleger*innen zur Verfügung. Gekommen sind bislang einige 10 000, und zwar ausschließlich aus ärmeren Ländern. Überwiegend sind es Krankenpfleger*innen, die dann zu normalen Bedingungen in Krankenhäusern arbeiten.

Zu geringe Leistungen der Pflegeversicherung

Ganz anders jedoch in der Altenpflege. Die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung sind viel zu gering. Viele Menschen mit Pflegebedarf oder Angehörige greifen notgedrungen zur Anstellung sogenannter 24-Stunden-Pfleger*innen. Meist sind es Frauen mittleren Alters aus Osteuropa, die in ihrem Heimatland keine oder keine auskömmliche Arbeit finden. Sie wohnen dann in der Wohnung des Menschen mit Pflegebedarf – deshalb werden sie auch als Live-in bezeichnet. Erwartet wird von ihnen, dass sie neben der normalen Pflege und der Arbeit im Haushalt tagsüber auch nachts in Bereitschaft sind. Denn ältere Menschen, vor allem demenziell Erkrankte, werden nachts häufig aktiv und müssen betreut werden. Es handelt sich also tatsächlich um eine 24-Stunden-Pflege an sieben Tagen die Woche.

Die Nettoverdienste bewegen sich zwischen ca. 700 Euro im Monat bis ca. 1.900 Euro.

Die Anzahl der Haushalte, in denen Live-ins tätig sind, wird mit ca. 100.000 angegeben. Die Zahl der Betreuungskräfte mit ca. 300.000. Nach einer Arbeitsphase von vier bis sechs Wochen fahren die meisten von ihnen zur Erholung nach Hause und werden für diese Zeit von einer anderen abgelöst.

Die Anstellung dieser Live-ins erfolgt oft "schwarz". Zudem werden die gesetzlichen Vorgaben für Arbeitszeiten und Mindestlohn in aller Regel in geradezu grotesker Weise verletzt.

Union blockiert selbst kleine Verbesserungen

Der politische Skandal ist, dass diese Zustände seit weit mehr als zehn Jahren hinlänglich bekannt sind. Das wird auch von niemandem bestritten. Vor allem aber die CDU betreibt seit Jahren eine Strategie des aktiven Wegschauens und der Verhinderung selbst kleinster Verbesserungen. So hat Deutschland 2013 ein Übereinkommen über "Menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte" der International Labour Organization (ILO) ratifiziert. Dabei wurde aber eine Klausel eingefügt, die dafür sorgt, dass die 24-Stunden-Pfleger*innen in Deutschland von den Schutzbestimmungen dieses Übereinkommens ausgenommen sind. Auch alle seitdem erhobenen Forderungen nach einem besseren Schutz der Live-ins und stärkerer Unterstützung für Menschen mit Pflegebedarf hat die CDU blockiert.

Im Mai 2021 hat sich nun Andreas Westerfellhaus, Bevollmächtigter der Bundesregierung für Pflege, für mehr Rechtssicherheit in der 24-h-Pflege ausgesprochen und gefordert, dies müsse zu einem "Megathema der Politik werden".

Vor diesem Hintergrund wie auch vor dem am 24. Juni 2021 verkündeten Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Vergütung der Live-ins wollte Pia Zimmermann von der Bundesregierung wissen, welche Planungen die Bundesregierung nach den Ankündigungen von Herrn Westerfellhaus generell verfolgt und ob sie speziell die bei der Ratifizierung des Übereinkommens 189 über "Menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte“ der International Labour Organization (ILO) für Deutschland eingefügte Ausnahme einer Prüfung unterziehen möchte.

Antwort der Bundesregierung

Die Einlassungen von Herrn Westerfellhaus werden von Sts. Sabine Weiss als "seine Vorstellungen" eingestuft; Änderungsbedarf beim Übereinkommen Nr. 189 "sieht die Bundesregierung nicht".

Dazu erklärt Pia Zimmermann, pflegepolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag:

"Dass der eigene Pflegebevollmächtigte öffentlich abgewatscht wird, ist das eine. Viel schlimmer ist das darin zum Ausdruck kommende eiserne Festhalten an der perfiden Pflege-Strategie der CDU: Die Pflege völlig unzureichend finanzieren, aber im Ausland abwerben, um die Reichen zu schonen. Wir brauchen endlich die Solidarische Pflegevollversicherung als stabiles Fundament der Finanzierung, wenn wir die unerträglichen Missstände in der 24-Stunden-Pflege angehen wollen.“