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Milliarden bleiben ungenutzt

Im Wortlaut,

Mittel zur Unterstützung für Hartz-IV-Bezieher wurden bislang nicht abgerufen

Von Fabian Lambeck

Mehr als zwei Milliarden Euro, die eigentlich für Langzeitarbeitslose gedacht waren, bleiben in diesem Jahr wohl ungenutzt und fließen so zurück in den Bundeshaushalt. Nicht nur die LINKE fordert nun, die Gelder ins neue Jahr zu übertragen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wird es freuen: Er spart in diesem Jahr etwa 2,2 Milliarden Euro an Eingliederungshilfen für Langzeitarbeitslose, weil die entsprechenden Mittel nicht abgerufen werden. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung an die Linksfraktion hervor. Demnach seien bis November 2012 nur drei Viertel der zur Verfügung stehenden 15,4 Milliarden Euro abgeflossen.

Wie die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sabine Zimmermann, am Wochenende betonte, seien vor allem die strengen Vorschriften dafür verantwortlich, dass Milliarden liegen blieben. Obwohl Mittel bereit standen, habe man etwa den ehemaligen Angestellten der Pleitedrogeriekette Schlecker Fortbildungen verwehrt, kritisierte die Linkspolitikerin.

So hakt es offenbar beim Programm »Initiative zur Flankierung des Strukturwandels«, das auch für arbeitslose Schlecker-Verkäuferinnen zur Verfügung steht. Von den 400 Millionen Euro, die für das Programm in diesem Jahr zur Verfügung stehen, waren im November erst 247 Millionen Euro abgeflossen. Noch mieser ist die Bilanz des WeGebAU-Porgramms, mit dem geringqualifizierte Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen weitergebildet werden sollen. Hier waren kurz vor Jahresende erst 105 von 280 Millionen Euro verbraucht. Somit fand sich für zwei Drittel des Etats offenbar keine Verwendung.

Angesichts dieser Zahlen sprach sich Zimmermann dagegen aus, dass die »ungenutzten Gelder in die Kasse von Schäuble fließen, um die Bankenrettungspakte zu finanzieren«. Stattdessen sollten sie »vollständig ins neue Jahr übertragen werden«. Generell müsste die Regierung die Fördervoraussetzungen so verbessern, »dass die Gelder wirksamer genutzt und Langzeiterwerbslose nicht zur Sparbüchse der Republik werden«, so Zimmermann.

Ebenso wie die LINKE will der Deutsche Städtetag, dass die »nicht abgerufenen Finanzmittel für die Arbeitsmarktförderung für das kommende Jahr im entsprechenden Haushaltstopf« bleiben.

Für den Städtetag liegen die Ursachen für die schlechte Quote beim Abruf der Mittel auf der Hand: Erst im April dieses Jahres habe die Bundesregierung neue Kriterien und Auflagen für die Förderinstrumente geschaffen. Das hatte zur Folge, dass »Planungen überarbeitet und Mitarbeiter geschult« werden mussten. Zudem hätten die freien Träger für die Durchführung von Fördermaßnahmen erst die entsprechenden Voraussetzungen schaffen müssen. Angesichts dieser Gemengelage gebe es »keinen Grund, diese Mittel jetzt in den Bundeshalt zurückfließen zu lassen«, so der Städtetag.

Nach geltender Rechtslage müssen die Jobcenter nicht verbrauchte Mittel – etwa aus den Eingliederungszuschüssen – zurück an den Bund überweisen, der das Geld wohl kaum für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ausgeben wird. So kürzte Schwarz-Gelb die Mittel für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen in den letzten zwei Jahren um rund ein Drittel – von 6,6 auf 4,4 Milliarden Euro. Und das, obwohl die Zahl der Hartz-IV-Bezieher im selben Zeitraum nur um 10 Prozent zurückging. Bereits Ende Oktober warnte der Städtetag vor den Folgen weiterer Streichungen. Langfristig hätte dies »gravierende Auswirkungen auf das Gemeinwesen und die Sozialkosten – vor allem in den Städten«. Doch die Regierung stellt sich taub: Bis 2014 will man in der Arbeitsmarktpolitik 20 Milliarden Euro einsparen.

neues deutschland, 17. Dezember 2012