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Mein Herzschlag gehört mir

Im Wortlaut von Kathrin Vogler,

 

Brave New World im Gesundheitssystem? Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, meint: Kein Zugriff für Krankenversicherungen auf Gesundheits-Apps!

Immer mehr gutgläubige Menschen vertrauen sehr intime Daten „dem Internet“ an. Fitness-Tracker und Gesundheits-Apps, die Daten über den Gesundheitszustand per Handy übermitteln, finden immer mehr Zuspruch. Solche Daten sind allerdings auch bei Versicherungen und anderen Unternehmen heiß begehrt. Denn,  wenn sie in Erfahrung bringen, wie viel sich ihre Versicherten bewegen oder wie hoch Puls und Blutdruck jedes einzelnen Mitglieds ist, dann können sie das individuelle Krankheitsrisiko besser abschätzen – und damit auch mögliche Kosten, die diese Versicherten verursachen könnten.

Den Krankenkassen und Versicherungskonzernen geht es dabei nicht in erster Linie darum, die Versorgung der Versicherten zu verbessern, sondern um wirtschaftliche Auslese: Welche Versicherten „rechnen sich“ und welche will man lieber loswerden? Wer über ein Armband Gesundheitsdaten sammelt und diese per Handy an eine Datenbank sendet, riskiert eventuell, bei einem Aufnahmeantrag in eine Privatversicherung abgelehnt zu werden oder einen unerschwinglich teuren Tarif zu bekommen, weil Daten über mögliche körperliche Beeinträchtigungen gemeldet wurden. Dabei hat kein Arzt diese „Befunde“ bestätigt, und es muss noch nicht einmal sicher sein, dass die gemeldeten Daten überhaupt stimmen.

Gesetzliche Krankenkassen dürfen zwar niemanden wegen Vorerkrankungen ablehnen und sie dürfen auch keine höheren Beiträge verlangen. Indirekt geschieht das aber doch: Über Bonus-Programme oder Geschenke an diejenigen, die sich besonders „gesundheitsbewusst“ verhalten, werden gezielt junge, technikbegeisterte und gesunde Mitglieder geworben. Und ganz nebenbei wird dem Solidarsystem Geld entzogen. Das fehlt dann für die Gesundheitsversorgung der Kranken.

Die Forderung des Patientenbeauftragten Laumann (CDU) und des Bundesjustizministers Maas (SPD), dass die Übermittlung von Gesundheitsdaten zumindest nur freiwillig erfolgen darf, reicht nicht. Denn wer mit einer nicht Armutsrente oder mit Niedriglohn auskommen muss, ist leicht bereit, nur für einen Bonus von 50 Euro in die Nutzung von Gesundheits-Apps einzuwilligen. Und wer schon einmal für die Nutzung eines Internetdienstes die allgemeinen Geschäftsbedingungen per Klick bestätigt hat, weiß, dass kaum jemand diese Regelungen genau vorher liest.

Es ist nötig, hier per Gesetz ganz deutlich einen Riegel vorzuschieben. Zudem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass ein erhebliches Datenschutz-Risiko besteht: Für viele Hacker ist es ein Kinderspiel, auf der Straße alles mitzulesen, was ein Handy abstrahlt. Bei Gesundheits-Apps muss also keiner mehr die Firewall des Servers einer Krankenversicherung knacken, um meine ganz persönlichen Gesundheitsdaten zu stehlen.