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London Calling – Auf der Suche nach dem olympischen Geist

Kolumne von Jens Petermann,

Von Jens Petermann, Triathlet und rechtspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag




Es sollen Spiele der Superlative werden – und ich bin mir sicher die kriegen das hin, die Briten, mit ihrem trockenen Humor, ihrem Erfindergeist, dem Hang zur Perfektion und den nötigen Millionen in der Hinterhand.

  Nach der Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine flimmert das nächste sportliche Highlight über die heimischen Flachbildschirme. Am 27. Juli steigt die Eröffnungsfeier der 30. Olympischen Sommerspiele der Neuzeit. Als erste Stadt wird London nach 1908 und 1948 zum dritten Mal Gastgeber des bedeutendsten Sportereignisses der Welt sein.
  Ich nutze die Möglichkeit, mit einer kleinen Delegation des Sportausschusses einige Tage in London zu verbringen und neben sportpolitischen Gesprächen den ein oder anderen Wettkampf live zu erleben – wenn man so will eine olympische Premiere im 50. Lebensjahr.   Die spannendste Frage für mich ist, wie viel von dem einst Sportler vieler Nationen einenden und immer noch beschworenen olympischen Geist übrig ist. Die olympischen Werte wie Freundschaft, Respekt, Fairness und nicht zuletzt der Olympische Friede haben nichts an Bedeutung verloren. Sie müssen gelebt und gewürdigt werden. Gerade der Olympische Friede ist in einer Zeit, in der Terror und Gewalt regelmäßig für blutige Schlagzeilen sorgen, ein hohes Gut.
  Einen Tag nach der Vergabe der Spiele im Juli 2005 wurde London von einem Terrorakt erschüttert; 56 Menschen starben, über 700 wurden verletzt. Auch aus diesem Grund ist die Angst vor Anschlägen stark ausgeprägt. Entsprechend massiv sind die Sicherheitsvorkehrungen: Tausende Soldaten, die in London für Schutz sorgen sollen, Boden-Luft-Raketen auf Wohnhäusern und ein Kriegsschiff auf der Themse. Das alles klingt eher nach Landesverteidigung als nach Olympia. Dass die Gefahr von Anschlägen nicht virtuell ist, zeigt das Attentat von München 1972, bei dem israelische Olympiateilnehmer durch ein palästinensisches Terrorkommando getötet wurden.
  Ich wünsche mir wahrhaft friedliche Spiele ohne Zwischenfälle. Deshalb hoffe ich, dass den Sportlerinnen und Sportler sowie Besucherinnen und Besucher der Stadt das Gefühl eines Hochsicherheitstraktes erspart bleibt und die Stimmung durch die militärische Präsenz nicht allzu sehr gedrückt wird.
  Olympische Spiele sind ein Fest des Sports. Sie bieten eine Plattform für Begegnungen zwischen Sportlerinnen und Sportlern sowie Zuschauerinnen und Zuschauern aus aller Welt. Sie sollen zu einem unvergesslichen Erlebnis werden. Wer einmal Spiele erlebt hat, weiß noch nach Jahrzehnten allerhand Episoden zu erzählen.
  Für Athletinnen und Athleten ist die Teilnahme an Olympischen Spielen meist der Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere. Die Medaillengewinnerinnen und -gewinner werden zu Vorbildern für viele Kinder und Jugendliche, die oft erst dadurch selbst zum Sporttreiben animiert werden. Ein positiver Einfluss auf Gesundheits- und Persönlichkeitsentwicklung ist selbstredend. Sport und gesunde Ernährung sind schließlich wichtige Faktoren, um Übergewicht und Fettleibigkeit sowie bestimmte Krankheiten zu vermeiden. Hier stellt sich allerdings zwangsläufig die Frage, ob die Hauptsponsoren des Internationalen Olympischen Komitees, der Coca-Cola-Konzern und die Schnellimbisskette McDonalds diesem gesundheitsorientierten Anspruch gerecht werden.

Erst im Januar haben Letztere ihren Vertrag bis zum Jahr 2020 verlängert – ausgerechnet im Rahmen der Olympischen Jugendspiele in Innsbruck. Es muss kritisch hinterfragt werden, wie es auf Kinder und Jugendliche wirkt, wenn im Rahmen einer Sportveranstaltung für Burger und zuckerhaltige Erfrischungsgetränke geworben wird. Die internationalen Sportorganisationen tragen eine große Verantwortung, der sie künftig besser gerecht werden müssen.
  Ja, von einer Veranstaltung wie den Olympischen Spielen sind sportliche Höchstleistungen zu erwarten, saubere allerdings. Auch da ist leider nicht alles im grünen Bereich, wie die immer neuerlichen Dopingfälle zeigen. Der Kampf für den Erhalt der olympischen Idee ist damit auch ein Kampf für sauberen, dopingfreien Sport – und zwar nicht nur im Leistungssport, sondern immer stärker auch im Freizeitsport. Ich bin davon überzeugt, dass durch Disziplin und Fleiß sowie moderne Trainingsmethoden auch künftig Weltklasseleistungen erbracht werden können. Deshalb sollte man nicht der Versuchung unterliegen, alle Sportlerinnen und Sportler unter Generalverdacht zu stellen.   Ich freue mich auf die Olympischen Spiele, als Freizeittriathlet besonders auf die Wettkämpfe im Triathlon. Ich wünsche mir faire, packende Wettbewerbe, allen Sportlerinnen und Sportlern viel Erfolg und den Zuschauerinnen und Zuschauern unvergessliche Erlebnisse.