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Zwei Männer in legerer Businesskleidung geben sich hinter der Glaswand eines Büros einen Handschlag. | Foto: © istock.com/gradyreeseFoto: istock.com/gradyreese

Lobbyismuskontrolle und Korruptionsprävention: Wen will die Koalition schützen?

Nachricht von Jan Korte,

„Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten“: Mit diesem platten Lieblingssatz konservativer Innenpolitiker wurden schon alle möglichen Überwachungsmaßnahmen begründet. Wenn es aber um eine effektive Kontrolle von Lobbyismus oder um Korruptionsprävention geht, will ihn niemand mehr hören, vor allem bei der CDU/CSU nicht. 

Dabei ist es die Union, die mit den jüngsten Skandalen deutlich gemacht hat, dass es schon lange nicht mehr nur um die Kontrolle von Interessenvertretern geht: Auch Bundestagsabgeordnete müssen endlich strenger kontrolliert werden, da einige von ihnen ihr Mandat offenbar missbrauchen, um sich persönlich zu bereichern. Dass Abgeordnete von CDU und CSU selbst die Corona-Krise nutzen, um ihre Kontakte zu Parteikollegen in Ministerien zu vergolden, zeigt, dass es mit „Ehrenerklärungen“, die uns die Fraktionsführung der Union als Lösung verkaufen will, längst nicht getan ist. Auch Sonderermittler oder andere Ablenkungsmanöver brauchen wir nicht, sondern harte gesetzliche Regelungen. Und selbst die muss niemand auf die Schnelle erfinden, denn sie liegen schon im Bundestag vor: Die Linksfraktion hat teilweise vor geraumer Zeit konkrete Gesetzentwürfe eingebracht, die nur noch verabschiedet werden müssen.  

In dieser Woche stellen wir etwa einen Gesetzentwurf zur Abstimmung, mit dem durch eine Änderung des Abgeordnetengesetzes Transparenz bei Aktienoptionen und Unternehmensbeteiligungen von Abgeordneten hergestellt werden soll und Abgeordneten verboten wird, Spenden anzunehmen und als bezahlte Interessenvertreter tätig zu sein. Außerdem legen wir zwei Anträge vor (hier und hier), die Geschäftsordnung des Bundestages in Bezug auf die Verhaltensregeln für Abgeordnete zu ändern und mehr Transparenz über Nebeneinkünfte herzustellen. Weiter unten erfahren Sie mehr über diese Anträge und Gesetzentwürfe und darüber, wer sie wann im parlamentarischen Verfahren ausgebremst hat.

Schon vor Corona stand es um die Demokratie im Land nicht so gut. Das intransparente Handeln der Regierung, das Versagen beim Schutz der Bevölkerung vor den verschiedenen Auswirkungen der Pandemie und das Impfdesaster haben dem Vertrauen der Bevölkerung in die Politik geschadet. Doch statt dem entgegenzuwirken, haben sich Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion an der Corona-Krise bereichert, andere haben sich von autoritär regierten Ländern bestechen lassen. Es ist höchste Zeit zu handeln. 

Die Fraktion DIE LINKE hat den demokratischen Fraktionen im Bundestag vorgeschlagen, ihren Gesetzentwurf für ein Verbot der Lobbytätigkeit von Abgeordneten zugunsten einer interfraktionellen initiative zurückzuziehen. Dasselbe würden wir mit anderen Anträgen machen, wenn es ein ernsthaftes Interesse an einem gemeinsamen Vorgehen gibt. Denn klar ist: Wer jetzt nichts tut, ist am nächsten Skandal mitschuldig. Aber wer unverzüglich handelt, kann dafür sorgen, dass die Demokratie am Ende sogar gestärkt aus dieser harten Zeit herauskommt. 


Unsere Initiativen im parlamentarischen Verfahren


Den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes - Transparenz von Aktienoptionen, Beteiligungen, Verbot der Tätigkeit als bezahlte Interessenvertreter u. der Spendenannahme (PDF), Bundestagsdrucksache 19/25354 vom 16.12.2020 haben wir eingebracht, nachdem die Koalition als Konsequenz aus der Amthor-Affäre folgendes getan hat: Nichts. Unser Vorschlag würde ein Ende der Grauzone bedeuten, in der sich Unionsabgeordnete zwischen Mandat und Nebenjob offenbar viel zu oft verirren: Die entgeltliche Nebentätigkeit von Abgeordneten als bezahlte Interessenvertreter für Dritte im Bundestag und gegenüber der Bundesregierung wird verboten. Spenden an parteiangehörige Abgeordnete werden untersagt. Und damit alle wissen, welche Interessenkonflikte bei Abgeordneten vorliegen, verlangen wir die Anzeige von Aktienoptionen und von Beteiligungen an Kapital- und Personengesellschaften ab 5 % der Anteile.

Dieser Gesetzentwurf wurde übrigens am 4.3.2021 von CDU/CSU und SPD von der Tagesordnung im Geschäftsordnungsausschuss gestrichen, um eine Abstimmung im Plenum zu verhindern.


Wir schlagen außerdem eine Änderung der Verhaltensregeln für Mitglieder des Bundestages zur Veröffentlichung von Aktienoptionen und für mehr Transparenz (PDF) (Bundestagsdrucksache 19/25348 vom 17.12.2020) vor, damit Einkünfte von Abgeordneten und Spenden, soweit wir sie nicht verbieten, transparenter werden. Unser Vorschlag: Ab 1.000 Euro im Jahr sind alle Einkünfte und Spenden zu veröffentlichen (Spendenanzeige ab 500 Euro). Unternehmensbeteiligungen sind bereits ab 5 Prozent statt bisher ab 25 Prozent der Anteile transparent zu machen und die Einkünfte aus diesen Beteiligungen bekannt zu machen (ab 1000 Euro). Aktienoptionen sind mit Einkünften, Stückzahl und Kaufpreis zu veröffentlichen. Und wir wollen strikter verbieten, dass Abgeordnete unter Hinweis auf ihre Mitgliedschaft im Bundestag Geschäfte machen. 

Darüber hinaus haben wir direkt nach der letzten Bundestagswahl schon eine Änderung der Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages (PDF) (Bundestagsdrucksache 19/12 vom 24.10.2017) vorgeschlagen, um Nebeneinkünfte der Abgeordneten betragsgenau "auf Euro und Cent" zu veröffentlichen. In den Fällen, in denen MdB gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrechten o. Verschwiegenheitspflichten beruflich unterliegen (Rechtsanwältinnen), muss künftig zwingend die Branche und Art der Tätigkeit offengelegt werden.


Ebenfalls seit Jahren kämpfen DIE LINKE und andere für ein Lobbyregister – am besten mit einem legislativen Fußabdruck, was bedeutet, dass im Gesetzgebungsprozess deutlich gemacht werden muss, welche Änderungen auf wessen Intervention hin erfolgt sind. Direkt nach der Bundestagswahl haben wir einen Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des verpflichtenden Lobbyregisters (Lobbyregistergesetz) (PDF) (Bundestagsdrucksache 19/15, vom 24.10.2017) transparent auf Basis eines Vorschlags von Lobbycontrol und Abgeordnetenwatch vorgelegt: Lobbyisten müssen sich unter Strafe registrieren, egal ob sie bei Bundesministerien, Bundesbehörden, Bundestag oder Bundesrat intervenieren. Aufwendungen und Auftraggeber sind anzuzeigen, außerdem mit wem wann zu welchem Thema Lobbykontakte erfolgten. Und nicht zuletzt beinhaltet unser Entwurf die Einrichtung eines Unabhängigen Bundesbeauftragten für politische Interessenvertretung für Sanktion und Kontrolle.