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Linke kritisiert «Schlamperei» der Regierung

Im Wortlaut von Wolfgang Gehrcke,

Die Linkspartei verlangt einen Rückzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen. Einer der Gründe: Bei der Planung des jüngsten Einsatzes im Libanon habe die Bundesregierung «schlampig»

Die Linkspartei hat angesichts von Unklarheiten beim Libanon-Auftrag der Bundeswehr ein Ende des Einsatzes verlangt. «Der Bundestag wäre gut beraten, wenn er die Truppe in einem geordneten Verfahren zurücknimmt, da er nicht alle Umstände des Einsatzes kannte», sagte Linkspartei-Außenpolitiker Wolfgang Gehrcke der Netzeitung. Die Bundesregierung habe bei der Vorbereitung des Einsatzes «unglaublich schlampig gearbeitet», sagte Gehrcke. Das betreffe sowohl die vorbereitenden Gespräche mit den Vereinten Nationen, dem Libanon und Israel als auch die Klarstellung der eigenen Position.

Vergangene Woche hatten israelische Kampfflieger ein deutsches Marine-Schiff angeflogen, dabei sollen auch Schüsse gefallen sein. Der Vorfall löste bei Kritikern wie Befürwortern des UN-Friedenseinsatzes in Nahost Besorgnis aus. Israel gelobte unterdessen Besserung. Gehrcke kritisierte, die deutschen Soldaten seien in Nahost in eine «ausweglose Situation gebracht» worden - israelische Militäraktionen oder Provokationen zu unterbinden und zugleich eine Konfrontation zu vermeiden.
Die Bundesregierung habe das Parlament zudem nicht korrekt über Details der geplanten Mission informiert, kritisierte Gehrcke. Insgesamt liege «ein Schleier der Geheimhaltung» über den Auslandseinsätzen, der Abgeordnete daran hindere, die Öffentlichkeit über das Tun der Armee zu informieren. «Grund dafür ist nicht die Sicherheit der Deutschen, sondern das Bestreben, die unsolide Grundlage der Auslandseinsätze zu verschleiern», bemängelte der Außenpolitiker.

Die Opposition hatte beklagt, erst nach Beschluss des Einsatzes über Details informiert worden zu sein. Dazu gehörte der Umstand, dass die Deutsche Marine nur dann unmittelbar vor der libanesischen Küste agieren darf, wenn Libanon zustimmt. Deutschland leitet den Marineeinsatz im östlichen Mittelmeer, mit dem eine UN-Truppe Waffenschmuggel in den Libanon verhindern will. Es sei «unverzichtbar, dass sich der Bundestag in einer Plenardebatte damit befasst», so Gehrcke. Die Parteien sollten durchsetzen, «dass alle Informationen, die erforderlich sind, an die Öffentlichkeit kommen». Dazu gehörten auch die in den Gesprächen mit Uno, Libanon und Israel getroffenen Absprachen.

Gehrcke stellte den Sinn militärischer Auslandseinsätze insgesamt infrage. Kriege wie in Afghanistan und im Irak seien militärisch nicht zu gewinnen, «unsere Vorstellung von Demokratie ist nicht zu exportieren». Deutschland brauche deshalb eine «Exit-Strategie aus sämtlichen Auslandseinsätzen und muss Schritt für Schritt die deutschen Soldaten aus dem Ausland zurückholen». Das betreffe vor allem die Nahost-Region oder Afghanistan, auch im Kosovo sei ein schneller Abzug möglich.

Netzeitung, 30. Oktober 2006