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Leistungsschutzrecht für Presseverlage: Ein absurdes Gesetz

Im Wortlaut von Petra Sitte,

Von Petra Sitte, forschungs- und technologiepolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

 

 

Vor knapp vier Jahren trat das Leistungsschutzrecht für Presseverlage erstmals auf die Agenda. Zunächst wurden führende Politiker der Parteien in Hinterzimmern bearbeitet. Sodann wurde es von den Verlegerverbänden immer lauter gefordert. Und schließlich fand es im Herbst 2009 Eingang in den Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP. Führende Akteure hinter der Forderung sind die Medienkonzerne Springer und Burda.

Lange Zeit galt das Leistungsschutzrecht als eine „Lex Google“. Kurze Ausrisse („Snippets“) aus Presseerzeugnissen sollten für Suchmaschinenbetreiber, aber auch andere Aggregatoren lizenzpflichtig werden. Noch bis zum Dienstag dieser Woche wurde behauptet, dass genau diese Snippets das größte Problem der Verlage darstellten und etwa von Google gewerblich angeeignet würden. Seit Dienstag aber sollen diese Snippets nun kein Problem mehr darstellen – wirtschaftlich zumindest, juristisch bleiben sie ein Problem. Denn niemand weiß, in welcher Zeichen- oder Wörterzahl solche künftig erlaubt sind. Im Gesetz ist das ausdrücklich nicht festgelegt.

Und es verbleiben alle anderen Probleme, auf die wir bereits früh aufmerksam gemacht haben: Das Gesetz definiert nicht, was genau ein Verlag ist, der das Leistungsschutzrecht beanspruchen kann. Nur Zeitungsverlage? Auch ein Newsforum? Vielleicht sogar Blogger? Das Gesetz definiert auch nicht, wer alles betroffen sein soll, also Lizenzen beantragen muss. Nur Suchmaschinen wie Google und Newsaggregatoren wie Rivva? Oder auch Facebook und Twitter oder Apps wie Quote.fm?

DIE LINKE hatte der Bundesregierung all diese Fragen gestellt. Die Antwort (Drs. 17/11792) lautete: Das werden später die Gerichte entscheiden. Es sind massive Rechtsunsicherheiten, die mit dem Leistungsschutzrecht einhergehen und die es insbesondere kleinen Verlagen, kleinen Suchmaschinenbetreibern und neuen Startups mit wenig Geld und wenig Anwälten sehr schwer machen, künftig innovative Online-Produkte anzubieten. Es ist ein absurdes Schutzgesetz für große Konzerne und es ist innovationsfeindlich.

Das Gesetz definiert nicht einmal den Unterschied zwischen dem neuen Recht und dem bestehenden Urheberrecht. Die Verlage erhalten ein Schutzrecht auf die Leistungen von Journalistinnen und Journalisten, deren Werke vor illegaler Weiterverwendung bereits durch das bestehende Urheberrecht geschützt sind. Die Regierung stärkt die mächtigen Verlage und schwächt die Urheber.

Wir kritisieren im Kern drei Punkte:

Erstens: Das Gesetz wird massive Rechtsunsicherheit und eine damit einhergehende Abmahnwelle befördern. Letztendlich müssen die Gerichte künftig entscheiden, wie viele Zeichen „einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“ umfassen, damit Snippets weiterhin lizenzfrei angezeigt werden können.

Zweitens: Das Gesetz ist elementar gegen neue, innovative Informationsdienstleister gerichtet. Sie werden in der Aushandlung von Lizenzverträgen gegenüber großen Pressekonzernen unterliegen. Neue Ideen im Bereich Social Media können künftig in Deutschland nur noch von Konzernen getragen werden.

Drittens: Das Gesetz gibt Medienkonzernen einen weiteren Machtvorteil gegenüber Journalistinnen und Journalisten. Es schafft ein Recht für Verlage an einem Produkt, das eigentlich den Urheberinnen und Urhebern zusteht.

 

linksfraktion.de, 28. Februar 2013