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Leiharbeit wächst auf hohem Niveau

Nachricht von Klaus Ernst,

Auswertung der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Entwicklung der Leiharbeit“ von Klaus Ernst - Drucksache 18/4619

Zusammenfassung:

Von 2013 bis 2014 ist die Zahl der Leiharbeitskräfte um 4,3 Prozent auf 779.303 gestiegen.  Davon waren 72 Prozent Männer (558.000) und 28 Prozent Frauen (221.000).

Die Löhne in der Leiharbeit liegen weit unter den allgemeinen Löhnen. Das mittlere Bruttomonatsentgelt (Median) der sozialversicherungspflichtigen Vollzeit-Leiharbeitskräfte lag im Dezember 2013 bei 1.700 Euro, im Vergleich zum mittleren Bruttoentgelt von 2.960 Euro bei einer branchenübergreifenden Betrachtung. Leiharbeitskräfte erhalten demnach nur 57 Prozent des mittleren Entgelts aller Beschäftigten. Bei den 15-65-Jährigen sind es sogar nur 52,5 Prozent.

Dies spiegelt sich auch in den Niedriglohnanteilen wieder. Während bezogen auf alle Vollzeitbeschäftigten bereits jeder Fünfte ein Bruttomonatsentgelt unterhalb der Niedriglohnschwelle von 1.973 Euro erhält, sind es in der Leiharbeit mit 65 Prozent sogar fast zwei Drittel der Vollzeitbeschäftigten. Besonders hoch ist der Niedriglohnanteil mit 89,5 Prozent bei Frauen in der Leiharbeit im Alter von 15-25 Jahren in Ostdeutschland.

Im Zeitraum von 2004 bis 2014 ist die Zahl der Leiharbeitskräfte um 439.000 oder 129 Prozent auf 779.000 angestiegen. Bei den 50-65jährigen liegt der Zuwachs sogar bei 328 Prozent.

52 Prozent der Arbeitsverhältnisse in der Leiharbeit dauern weniger als drei Monate und 48 Prozent länger als drei Monate.

"Die Leiharbeit wächst auf hohem Niveau", kommentiert Klaus Ernst die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage "Entwicklung der Leiharbeit". "Besorgniserregend ist ihre Zunahme bei Älteren. Wer über 50 Jahre ist und arbeitslos wird, dem droht das Absacken in eine Beschäftigung zweiter Klasse. Die Bundesregierung übt sich in Verkündigungspolitik und verweigert bisher eine Regulierung des Problems.  Es gibt dringenden Handlungsbedarf, um das Zwei-Klassensystem am Arbeitsmarkt zu beenden. Leiharbeit muss gleich bezahlt werden vom ersten Tag an und die
Einsatzdauer streng begrenzt sein auf maximal drei Monate."

 

Ergebnisse im Einzelnen:

  • Anzahl der Leiharbeitskräfte: am 30.6.2014 gab es bundesweit rund 779.000 Leiharbeitskräfte, davon waren mit 558.000 oder 72 Prozent Männer und rund 221.000 oder 28 Prozent Frauen; 15 Prozent der Leiharbeitskräfte sind 15-25 Jahre alt, 64 Prozent 25-50 Jahre und 21 Prozent 50 bis 65 Jahre (vgl. Antwort auf Frage 1).
  • Die Zahl der Leiharbeitskräfte ist von 2004 bis 2014 um 439.000 oder 129 Prozent angestiegen. Im Westen ist die Zahl der Leiharbeitskräfte in diesem Zeitraum von 272.855 auf 622.198 angestiegen, was einem Zuwachs um 128 Prozent entspricht. Im Osten ist die Zahl von 67.129 auf 157.105 angestiegen, was einem Zuwachs um 134 Prozent entspricht (vgl. Antwort auf Frage 1, Tabelle 1 im Anhang).
  • Zuwächse nach Alter: bei den 15-25jährigen ist die Zahl der Leiharbeitskräfte von 2004 bis 2014 um 51 Prozent angestiegen (von 77.526 auf 117.086), bei den 25-50jährigen um 122 Prozent (von 224.328 auf 498.236) und bei den 50-65jährigen um 328 Prozent (von 37.822 auf 161.770) (vgl. Antwort auf Frage 1, Tabelle 1 im Anhang).
  • Zuwächse nach Geschlecht: bei den Männern ist die Zahl der Leiharbeitskräfte von 2004 bis 2014 um 125 Prozent (248.291 auf 557.823) und bei den Frauen um 142 Prozent (von 91.593 auf 221.480) angestiegen (vgl. Antwort auf Frage 1, Tabelle 1 im Anhang).
  • Zuwächse bei den 50 bis 65jährigen nach Geschlecht: bei den Männern ist die Zahl der Leiharbeitskräfte von 2004 bis 2014 um 296 Prozent (von 29.127 auf 115.361) und bei den Frauen um 434 Prozent  (von 8.695 auf 46.409) angestiegen (vgl. Antwort auf Frage 1, Tabelle 1 im Anhang).
  • Vom 30.6.2013 bis zum 30.6.2014 ist die Zahl der Leiharbeitskräfte von 747.141 auf 779.303 angestiegen, was einem Zuwachs um 4,3 Prozent entspricht (vgl. Antwort auf Frage 1, Tabelle 1 im Anhang).
  • Mittleres Bruttomonatsentgelt (Median): im Dezember 2013 lag es bei sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in der Arbeitnehmerüberlassung bundesweit bei 1.700 Euro; im Vergleich zu 2.960 Euro bei einer branchenübergreifenden Betrachtung. Damit liegt der Median in der Leiharbeit bei lediglich 57 Prozent des durchschnittlichen Medianes (vgl. Antwort auf Frage 2).
  • Mittleres Bruttomonatsentgelt nach Alter: im Dezember 2013 erhielten die sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in der Altersgruppe von 50-65 Jahren einen Medianlohn von 3.198 Euro, während er in der gleichen Altersgruppe bei den Leiharbeitskräften bei 1.679 Euro lag. Bei dieser Altersgruppe liegt der Median in der Leiharbeit demnach bei nur 52,5 Prozent des durchschnittlichen Medianes (vgl. Antwort auf Frage 2, Tabelle 2 im Anhang).
  • Niedriglohnbeschäftigte in der Leiharbeit: Im Dezember 2013 bekamen 400.000 oder 65 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in der Arbeitnehmerüberlassung ein Entgelt unterhalb der Niedriglohnschwelle von 1.973 Euro. Bei einer branchenübergreifenden Betrachtung liegt dieser Anteil bei 20 Prozent (vgl. Antwort auf Frage 10).
  • Anteil der Niedriglohnbeschäftigten nach Alter: bei den 15-25jährigen hatten im Dezember 2013 75,6 Prozent der Leiharbeitnehmer einen Lohn unterhalb der Niedriglohnschwelle, bei den 25-50jährigen waren es 62,3 Prozent und bei den 50-65jährigen 68 Prozent (vgl. Antwort auf Frage 10, Tabelle 2 im Anhang).
  • Anteil der Niedriglohnbeschäftigten nach Ost/West: im Osten lag der Anteil der niedriglohnbeschäftigten Leiharbeitnehmer bei 80,7 Prozent (dort bei den 15-25jährigen sogar bei 87 Prozent), im Westen bei 61,4 Prozent (vgl. Antwort auf Frage 10, Tabelle 2 im Anhang).
  • Anteil der Niedriglohnbeschäftigten nach Geschlecht: bei den Männern lag der Anteil der niedriglohnbeschäftigten Leiharbeitnehmer bei 64,4 Prozent und bei den Frauen bei 68,1 Prozent (vgl. Antwort auf Frage 10, Tabelle 2 im Anhang).
  • Den höchsten Niedriglohnanteil haben mit 89,5 Prozent Frauen im Alter von 15-25 Jahren in Ostdeutschland (vgl. Antwort auf Frage 10, Tabelle 2 im Anhang).
  • Dauer der Arbeitsverhältnisse in der Leiharbeit: Im ersten Halbjahr 2014 dauerten 52 Prozent der beendeten Arbeitsverhältnisse weniger als drei Monate und 48 Prozent länger als drei Monate (vgl. Antwort auf Frage 10, Tabelle 2 im Anhang).

linksfraktion.de, 4. Mai 2015