Zum Hauptinhalt springen
Ein Arbeit in blauer Latzhose und mit gelbem Helm in der Hand läuft durch eine Werkhalle © iStock/gilaxia

Leiharbeit – diese Beschäftigung zweiter Klasse gehört abgeschafft

Nachricht,

Wir seien gut durch die Krise gekommen, beurteilt die Bundesregierung die aktuelle Lage am Arbeitsmarkt trotz des pandemiebedingten wirtschaftlichen Einbruchs. Die Zahl der Arbeitslosen habe sich von April auf Mai nur im saisonüblichen Rahmen bewegt, teilte die Bundesagentur für Arbeit mit. Das liege vor allem am massiven Einsatz von Kurzarbeit, für die die Bundesagentur bereits im ersten Halbjahr 2020 knapp 10 Milliarden Euro aus ihren Rücklagen ausgegeben hat.

Doch es ist offen, wie sich die Lage weiter entwickeln wird. Und es ist jetzt schon klar, dass es neben den Stammbelegschaften, deren Arbeitsplätze durch Kurzarbeit zunächst gesichert wurden, bereits heute deutliche Verlierer gibt, für die die Bundesregierung auch schon vor der Pandemie viel zu wenig getan hat.

Beschäftigte in der Leiharbeit gehören neben Mini- und Midijobber*innen in der Corona-Krise zu den deutlichen Verlierern am Arbeitsmarkt. Das zeigen Zahlen, die die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht hat. Demnach gehören Leiharbeitsbeschäftigte nicht nur überdurchschnittlich zum Niedriglohnbereich, sondern waren in der Corona-Krise auch stark von Entlassungen betroffen.

120.000 Beschäftigte bei Leiharbeitsfirmen haben demnach ihren Job verloren. Viele von ihnen sind in der verarbeitenden Industrie beschäftigt und in der Krise als erste entlassen worden. Bernd Riexinger kritisierte, die Bundesregierung wolle den Eindruck erwecken, sie habe das Land sicher durch die Krise geleitet: „Es genügt jedoch nicht, neben einer morschen Treppe einen neuen Handlauf anzubringen – früher oder später bricht Stufe für Stufe ein“. Jeder sechste Beschäftigte in Leiharbeit sei im Mai  gegenüber dem Vorjahresmonat  entlassen worden. Leiharbeit als „Beschäftigung zweiter Klasse“ müsse endlich ganz abgeschafft werden, sagte Riexinger der Rheinischen Post.

Das unterstützt auch Sabine Zimmermann. Sie hebt hervor, dass der Anteil der vollzeitbeschäftigten Leiharbeitnehmer*innen am Niedriglohnbereich überdurchschnittlich hoch ist.  Über alle Branchen hinweg arbeiteten Ende 2019 18,8 Prozent der Vollzeitbeschäftigten für weniger als 2.267 Euro, der bundesweiten Schwelle für den unteren Entgeltbereich. Bei den Leiharbeitsbeschäftigten waren es hingegen 61,6 Prozent. Für die Einkommen der in Leiharbeit Tätigen heißt das, dass ihr Medianentgelt 41,69 Prozent unter dem der übrigen Vollzeitbeschäftigten liegt – das entspricht 1.418 Euro, die ein mit 1.983 Euro im Median entlohnter Leiharbeitnehmer weniger erhält als die übrigen Beschäftigten, deren Medianlohn bei 3.401 Euro liegt.

„Die Leiharbeit war und ist der Motor der Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland“, kritisiert Zimmermann. In Arbeitsmarktkrisen seien Leiharbeitskräfte die ersten, die gehen müssen. „Ein Sprungbrett in ein normales Arbeitsverhältnis ist sie nur für wenige, für die meisten bedeutet Leiharbeit dauerhaft Niedriglöhne, schlechte Arbeitsbedingungen und Beschäftigte zweiter Klasse zu sein.“ Dem müsse endlich ein Riegel vorgeschoben und die systematische Niedriglohnbeschäftigung in Form von Leiharbeit abgeschafft werden.