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„Lasst uns die Geflüchteten als Weltbürger betrachten, die ihren Wohnort wechseln müssen«

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400 Helferinnen und Helfer, Kommunalpolitikerinnen und –politiker und antirassistisch Aktive nahmen an der Konferenz »Refugees welcome«, zu der DIE LINKE am 28. November in den Bundestag geladen hatte. Eine zentrale Frage dabei war: Wie können sich die Millionen Ehrenamtlichen vernetzen? Thüringes Ministerpräsident Bodo Ramelow mahnte, bei der Integration jetzt schnelle Schritte hin zu einer Normalität der Vielfalt zu gehen.

 

Tobias Schulze berichtet von Konferenz »Refugees welcome« der Fraktion DIE LINKE am 28. November in Berlin

Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch eröffnete die Aktivenkonferenz vor knapp 400 Helferinnen und Helfern, Kommunalpolitikerinnen und –politikern und antirassistisch Aktiven: "Ich ziehe meinen Hut vor allen, die Verantwortung wahrnehmen - ganz gleich, ob das ehrenamtlich oder hauptamtlich ist." Die Helferinnen und Helfer hätten Kernaufgaben des Staates übernommen. Um die Frage, wie sich diese Bewegung von Millionen Ehrenamtlichen vernetzen, wie sie sich politisch artikulieren kann, drehten sich die spannenden Diskussionen im Paul-Löbe-Haus des Bundestages.

Zunächst ging der Blick nach außen: Daniel Überall von der Intereuropean Human Aid Association (IHA) und Aktivistinnen aus Halle und Leipzig halfen Geflüchteten an den EU-Außengrenzen und auf der Balkan-Route. Ihre dramatischen Erfahrungen mit Polizeigewalt, Grenzschließungen und auch mit fehlender Unterstützung von Seiten der Behörden und der Hilfsorganisationen illustrierten sie mit beeindruckenden Bildern. Das Fazit dieser Berichte: Die Menschen sind auf dem Weg – oft unter Inkaufnahme des eigenen Todes -, und kein Zaun wird sie aufhalten. Es ist an uns, sie aufzunehmen und menschenwürdig zu behandeln.

Serhat Karakayali stellte folgend seine empirischen Studien zur Helferbewegung in Deutschland vor. Diese sei nicht unpolitisch, aber sie stelle sich ganz klar gegen die herrschende Politik der Abschottung, die sich trotz anders lautender Äußerungen der Kanzlerin nicht geändert habe. Er zitierte Robert Misik: “Es ist ein Protest, aber fast ohne Parolen, einer des Handelns.” Er forderte dazu auf, die Geflüchteten nicht als Fremde, sondern als Weltbürger zu sehen, die wegen der Kriege ihren Wohnort wechseln müssten.

„Geflüchtete zu Neubürgern machen“ - über die notwendige Öffnung gesellschaftlicher Strukturen diskutierten Esra Küçük, designierte Leiterin des Gorki-Forums, und Bodo Ramelow, Ministerpräsident des Landes Thüringen. Beide waren sich einig, dass jetzt schnelle Schritte hin zu einer Normalität der Vielfalt gefragt sind. Die vielen Menschen, die sich ein neues Leben aufbauen wollten, seien keine Belastung, sondern vor allem eine Chance. Wer die Lebensbedingungen für Geflüchtete zum Zweck der Abschreckung verschlechtern wolle, der schaffe die Parallelgesellschaften, die er nachher beklagt.  

Der Nachmittag stand im Zeichen des Austauschs über konkrete Hilfe – von Aktionen gegen Grenzzäune, von der Fluchthilfe quer durch Europa über Unterstützung beim Zugang zu Bildung und Gesundheit bis zur Debatte über Staatsversagen und die politische Positionierung der Flüchtlingshelfer-Szene reichte das Spektrum der vielen Workshops.

Katja Kipping schloss die Konferenz mit der Aufforderung, gegen die Schließung Europas, gegen die Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Menschen vorzugehen. Die Aktualität dieser Forderung wurde sofort deutlich, als die Nachricht von gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Geflüchteten und Polizeieinheiten in Griechenland die Runde machte. Alle Konferenzteilnehmerinnen und –teilnehmer erhoben sich von ihren Plätzen und sandten ein symbolisches Foto der Solidarität nach Griechenland.

Katja Kipping und Petra Sitte kündigten an, den produktiven Austausch zum Kampf für ein offenes und soziales Land fortzusetzen – nicht nur mit Helferinnen und Helfern, sondern auch mit den Neubürgerinnen und Neubürgern selbst. Leider ließe sich, so das Schlusswort, kein Signal erkennen, dass die vielfältigen Ursachen weltweit geringer werden. Im Gegenteil. 

 

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