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Langzeitsarbeitslose im statistischen Abseits

Nachricht von Sabine Zimmermann,

Als der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, vor der Sommerpause wegen der Vermittlungspraxis der Arbeitsagentur im Bundestag den Ausschuss für Arbeit und Soziales besuchte, wies er die Kritik zurück, die BA kümmere sich zu wenig um die Langzeiterwerbslosen. Vielmehr sei ihre Zahl in den zurückliegenden Jahren gesunken.

Tatsächlich ging nach der offiziellen Statistik von 2008 bis 2012 die Zahl der Personen, die ein Jahr oder länger arbeitslos waren, um 295.733 oder 22 Prozent auf 1.031.722 zurück. Aber eine Anfrage der Abgeordneten Sabine Zimmermann bei der Bundesagentur für Arbeit zeigt, dass die wenigsten der Langzeiterwerbslosen, die aus der Statistik verschwinden, einen Job bekommen haben.

Großteil geht in Nichterwerbstätigkeit ab
 

Nur 19 Prozent der Langzeitarbeitslosen , die im Jahr 2012 ihre Arbeitslosigkeit beendeten, nahmen eine Erwerbstätigkeit auf. Mit 53 Prozent gingen über die Hälfte in die sogenannte Nichterwerbstätigkeit ab. Als Hauptgrund wird hier die Arbeitsunfähigkeit (35,6%) angeführt. Weitere waren nicht verfügbar, zum Beispiel wegen der Betreuung von Angehörigen oder Kindern unter 3 Jahre (10,2%) oder gingen in vorruhestandsähnliche Regelungen (3,3%). 19 Prozent verschwanden aus der Statistik, weil sie Maßnahmen aufnahmen oder zu einem geringen Anteil eine Ausbildung. Über die verbleibenden neun Prozent kann die BA keine genaueren Angaben machen.

Die Bilanz der Vermittlung in Arbeit trübt sich noch stärker ein, wenn man den Übergang zum ersten Arbeitsmarkt betrachtet. Nur jede beziehungsweise jeder achte (12,4%) Langzeiterwerbslose erhielt dort eine Beschäftigung. Besonders problematisch gestaltet sich die Lage für Arbeitslose, die 50 Jahre oder älter sind. Nur jeder Elfte (9,0%) der Älteren, die ihre Langzeitarbeitslosigkeit beendeten, kam in eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt.

Statistische Schönfärberei


"Hunderttausende Menschen sind Opfer einer falschen Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung, die nur auf Einsparungen setzt", kritisiert Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. "Die wenigsten Langzeitarbeitslosen kommen in Beschäftigung, die meisten scheiden aus anderen Gründen aus der Statistik aus. Damit bessert die Bundesregierung ihre offizielle Arbeitsmarktbilanz auf, schiebt aber die Betroffenen auf das Abstellgleis. Diese Bundesregierung hat die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit aufgegeben, setzt stattdessen auf statistische Schönfärberei."

Sabine Zimmermann fordert eine Kehrtwende in der Arbeitsmarktpolitik, damit das Potential hunderttausender Menschen genutzt und ihnen eine Perspektive gegeben werden kann. "Die Kürzungen müssen gestoppt, ausreichend Gelder für Weiterbildung, Qualifizierung und gute öffentlich geförderte Beschäftigung zur Verfügung gestellt werden", so Zimmermann. "Und die Politik hat darüber nachzudenken, wie sie die Arbeitgeber stärker in die Pflicht nehmen kann, nicht aus Vorurteilen Langzeiterwerbslose bei Stellenbewerbungen im vorhinein auszusortieren.“

Zimmermann weist darauf hin, dass sich in diesem Jahr die Perspektiven für Langzeiterwerbslose noch einmal verschlechtert haben. Von Januar bis Juli nahmen nur 17,9 Prozent der Langzeitarbeitslosen, die aus der Arbeitslosenstatistik ausschieden, eine Erwerbstätigkeit auf. Im vergleichbarem Vorjahreszeitraum waren es noch 20,0 Prozent gewesen. 11,6 Prozent gingen in eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt (Januar bis Juli 2012: 12,5%). Der Anteil derer, die arbeitsunfähig wurden, lag bei 38,3 Prozent (Januar bis Juli 2012: 36,0%).

Und seit einigen Monaten steigt die Langzeitarbeitslosigkeit wieder. Nach der offiziellen Statistik nahm sie im Juli 2013 gegenüber dem Vorjahr um 15.902 auf 1.047.177 zu.

 

Hinweis: Bei der Betrachtung der Abgänge aus der Langzeitarbeitslosigkeit muss beachtet werden, dass nicht jedes Ausscheiden die Arbeitslosigkeit endgültig beendet, sondern oft nur kurz die Arbeitslosigkeit unterbricht. So werden Langzeitarbeitslose, die ihre Arbeitslosigkeit nur für höchstens sechs Wochen unterbrechen und dann erneut arbeitslos werden, wieder als Langzeitarbeitslose geführt.

linksfraktion.de, 24. August 2013