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Kinderarmut verletzt Grundrechte von Kindern

Im Wortlaut von Diana Golze,

Kommentar

Von Diana Golze, Mitglied des Vorstandes und Leiterin des Arbeitskreises Arbeit, Gesundheit und Soziales der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Ein achtjähriger Junge hat bei einem Workshop einmal den Satz geprägt: Kinderrechte sind das, was Kinder brauchen, damit es ihnen gut geht. Ich finde, treffender kann man es gar nicht formulieren. Doch was so einfach klingt, scheint schwer in die Realität überführbar zu sein. Schauen wir uns die Probleme einmal an: wachsende Kinderarmut, Bildungsungerechtigkeit, fehlende Beteiligungsrechte für Kinder und die nach wie vor bestehende massive Verletzung der Rechte von Flüchtlingskindern.

Auch im Jahr 2012 aber ist es noch immer die wachsende Kinderarmut, die für eine permanente Verletzung der Rechte von Kindern und Jugendlichen steht. Jedes 5. Kind in Deutschland lebt in Armut. Diese Armut bedeutet für die betroffenen Kinder soziale Ausgrenzung, Bildungsungerechtigkeit und die Gefährdung gesunden Aufwachsens. Das heißt, Armut bestimmt ihren Alltag. Gesundes Essen, ausreichendes Schulmaterial oder der zusätzliche Unterricht an einer Musikschule sind nicht selbstverständlich. Gleicher Zugang zu Bildung und gleiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben braucht eben mehr als das, was die Bundesregierung den Kindern zugestehen will, deren Familien auf ALG II angewiesen sind. Ein Programm gegen Armut und soziale Ausgrenzung sieht anders aus. Die Einkommenssituation der Eltern entscheidet bereits im Kleinkindalter darüber, ob die Kinder eine Kita besuchen können und damit von frühkindlichen Bildungsangeboten profitieren. Dies setzt sich in der Schule fort. Kinder armer Eltern erhalten seltener eine Empfehlung fürs Gymnasium und schlechtere Noten - trotz gleicher Leistungen. Schutz vor Armut, Recht auf Bildung und gesundes Aufwachsen sind elementare Kinderrechte. Sie werden Tag für Tag millionenfach in Deutschland verletzt. Und hinter jeder dieser Verletzungen steht ein Kind, ein Schicksal.

Die Bundesrepublik Deutschland unterzeichnete die UN-Kinderrechtskonvention  1990. Doch auch über 20 Jahre später sind es elementare Rechte von Kindern, die verletzt werden. Die Bundesregierung lässt es gerade im Kampf gegen die steigende Kinderarmut an notwendigen Maßnahmen fehlen.

Bestes Beispiel dafür ist die Neuregelung der Regelsätze für Kinder im Rahmen der ALG II-Gesetzgebung und das sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket. Letzteres soll Kindern die Teilhabe an Bildung sichern. Die Realität zeigt, dass es Eltern, die die Grundrechte ihrer Kinder in Anspruch nehmen wollen, durch zahlreiche bürokratische Hürden abschreckt, statt sie bei der Förderung ihrer Kinder zu unterstützen. Nicht nur, dass kaum jemand wirklich nachvollziehbar erklären kann, warum man dieses Geld für Schulmaterial, Sportverein oder Nachhilfe extra beantragen muss, obwohl doch all dies wichtige Bestandteile eines Heranwachsens von Kindern sind. Nein, der Skandal ist, dass auch mit diesen Leistungen der uneingeschränkte und gleichberechtigte Zugang zu Bildung nicht möglich ist. Zudem wird mit einzelnen Bestandteilen des sogenannten  Bildungs- und Teilhabepaketes Haushaltskonsolidierung auf dem Rücken dieser Familien betrieben, in dem Leistungen, die das absichern, was Kinder wirklich brauchen, nur mit hohem zusätzlichen Aufwand erreichbar sind und durch bürokratische Hürden schwer zugänglich gemacht werden. Das ist dann wohl die Eigenverantwortung der Eltern, von der die Ministerin so gern redet. DIE LINKE bleibt dabei: Bildung, Schutz vor Armut, ein gesundes Aufwachsen mit bestmöglicher Förderung und die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen sind Rechte, die endlich für jedes Kind gelten müssen. Sie haben somit Grundrechtscharakter und gehören als eigenständige Rechte einer eigenständigen Bevölkerungsgruppe ins Grundgesetz.

linksfraktion.de, 13. Januar 2012