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»Keine Entlassungen in der Krise«

Periodika,

Interview mit Berthold Huber, Vorsitzender der IG Metall.

Welche Erwartungen und Befürchtungen haben Sie angesichts der Krise für die nächsten Wochen und Monate?

Berthold Huber: Einen schnellen Aufschwung sieht bei uns niemand. Man sollte nicht auf die Börse starren, sondern die Auftragseingänge der Unternehmen betrachten. Tatsache ist, wir sind noch lange nicht über den Berg. Wir werden weitere Anstrengungen unternehmen müssen, um unser Ziel, „keine Entlassungen in der Krise“, zu erreichen.

DIE LINKE hält mehr Demokratie in den Unternehmen für dringend notwendig und fühlt sich durch die Wirtschaftskrise bestätigt: Beschäftigte sind am Erhalt von Arbeitsplätzen interessiert, nicht an schnellem Profit. Was erwarten Sie von einer echten paritätischen Mitbestimmung?

Für uns ist vollkommen klar: Wenn wir aus der Krise nicht die notwendigen Lehren ziehen, werden wir uns nach der Krise am selben Punkt befinden. Eine Erkenntnis ist doch, dass Mitbestimmung ein Erfolgsgarant für eine nachhaltige Entwicklung von Unternehmen ist. Sie ist das stabilisierende Korrektiv, wenn allzu hochfliegende Träume von Managern und Geschäftsführern reifen. Volkswagen ist das weithin sichtbare Zeichen für die Erfolgsbilanz der Mitbestimmung. Unsere Schlussfolgerung aus der Krise lautet: mehr Mitbestimmung für Betriebsräte und in den Aufsichtsräten.

Am 16. Mai haben in Berlin 100 000 Menschen an einer Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes teilgenommen. Wie geht es jetzt weiter?

Die IG Metall hat im Rahmen ihrer Kampagne „Gemeinsam für ein Gutes Leben“ eine breit angelegte Befragung gestartet. Gefragt wird in den Betrieben, auf Marktplätzen und in den Hochschulen, wie Menschen in Zukunft leben möchten. Wir wollen Antworten, aber wir wollen Menschen auch gewinnen, sich intensiver mit Fragen der zukünftigen Entwicklung zu beschäftigen. Wir werden die Ergebnisse dieser großen Befragung Anfang Juli vorstellen. Für September, kurz vor der Bundestagswahl, planen wir eine Veranstaltung in Frankfurt am Main, wo wir ebenfalls für die Vor-stellungen und Konzepte der Gewerkschaften werben wollen. Wir werden die Parteien mit den Vorstellungen der Menschen darüber, was sie unter einem guten Leben verstehen, konfrontieren.

Die Gewerkschaften hatten bei ihren großen Protesten gegen die Rente ab 67 Jahren angekündigt, die Bundestagswahl 2009 zu einer Abstimmung über dieses Gesetz zu machen. Was ist von der IG Metall zu erwarten?

Die Rente mit 67 gewinnt nicht an Plausibilität. Sie bleibt eine falsche Entscheidung und führt gerade heute für viele Menschen in die Sackgasse von Hartz IV. Die IG Metall hat die Rente mit 67 schon bei ihrem Beschluss kritisiert und für falsch gehalten. Angesichts einer Beschäftigungskrise die Lebensarbeitszeit zu verlängern, kann nun wirklich nicht richtig sein. Die IG Metall hat ein eigenes rentenpolitisches Konzept vorgelegt, das auf einer solidarischen Erwerbstätigenversicherung basiert. Wir sehen die Zukunft in einem soliden Umlageverfahren für alle Erwerbstätigen in Kombination mit einem Betriebsrentenmodell.